- Eine öffentliche Untersuchung zur verheerenden Brandkatastrophe im Londoner Grenfell Tower 2017 hat schwere Versäumnisse von Regierung, Bauindustrie und den am Umbau beteiligten Firmen festgestellt.
- Die Hauptverantwortung liegt bei den Unternehmen, die an der Wartung und Sanierung des 24-stöckigen Wohnhochhauses beteiligt waren, wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht.
- Zudem kritisierten die Verfasser neben den Behörden auf lokaler und nationaler Ebene auch Firmen, die brennbare Fassadenverkleidungen fälschlicherweise als sicher vermarktet hätten.
Inkompetenz und Profitgier: Mehr als sieben Jahre nach dem verheerenden Brand in dem Londoner Hochhaus Grenfell Tower hat ein Untersuchungsbericht Behörden und Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.
Bei dem Feuer im Stadtteil North Kensington im Juni 2017 starben 72 Menschen. Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. Dabei hatte vor allem die Fassadenverkleidung eine fatale Rolle gespielt, wie sich bei der seit Jahren laufenden Untersuchung herausstellte.
Fassadenteile wirkten wie Brandbeschleuniger
Die Fassade war erst kurz vor dem Unglück mit einer Isolierung und Verkleidung versehen worden, um den bereits 1974 fertig gestellten Wohnturm ansehnlicher und energetisch effizienter zu machen. Doch die Fassadenteile aus Aluminium mit Kunststoffkern waren völlig ungeeignet und wirkten wie Brandbeschleuniger.
Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren.
Dass sie dennoch installiert wurden, lag an einer schier endlosen Kette von Fehlverhalten und Versagen von Behörden und Unternehmen, wie aus dem aktuellen Bericht hervorgeht. So wurden Brandschutzbestimmungen lax ausgelegt, Testergebnisse manipuliert oder falsch dargestellt und Warnungen in den Wind geschlagen.
Ergebnis jahrzehntelangen Versagens
«Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren», sagte der Vorsitzende der Untersuchung, Martin Moore-Bick. Die Katastrophe sei «das Ergebnis jahrzehntelangen Versagens» der Zentralregierung und anderer verantwortlicher Stellen hinsichtlich der Verwendung brennbaren Materials an den Aussenmauern von Hochhäusern. Ursache sei in erster Linie Inkompetenz gewesen, in manchen Fällen aber auch Profitgier.
Auch der Feuerwehr wurden schwere Fehler angelastet. So hatte sie den Menschen viel zu lange dazu geraten, in dem brennenden Gebäude zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Dabei zeichnete sich schnell ab, dass die Flammen rasch den ganzen Tower erfassen werden. Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle.
Keine strafrechtlichen Konsequenzen
Viele Überlebende und Hinterbliebene fordern seit langem Konsequenzen. Doch strafrechtliche Folgen hat die jahrelange Untersuchung nicht. Es sei nun an den Ermittlungsbehörden, Anklagen gegen die Verantwortlichen zu erheben, sagte eine Vertreterin von Überlebenden und Angehörigen. Ob und wann es dazu kommen wird, ist ungewiss. Ein Polizeisprecher kündigte an, der Bericht werde nun geprüft, das könne jedoch bis zu 18 Monate in Anspruch nehmen.