Es kam, wie es kommen musste: Geschäfte, Gastronomie und Kultur bleiben geschlossen, die Profi-Maske wird Pflicht im ÖV sowie beim Einkaufen, und Eltern bleiben in der Doppelrolle als Arbeitnehmende und Kinderbetreuende gefangen. Deutschland befände sich in den «härtesten Wochen dieser Pandemie», sagte die Kanzlerin.
Magisches Denken
Ihre Treffen mit den Bundesländern sind zum Ritual geworden. Oft genug folgten Versprechungen, die nicht eingehalten werden konnten: Der Shutdown sei auf den November «befristet», wurde garantiert, oder zu einem totalen Lockdown werde es nicht mehr kommen. Man weiss nicht recht, ob die Verantwortlichen wider besseres Wissen Hoffnung verbreiteten, oder dem magischen Denken verfallen waren.
Die Ankündigung, die Schulen würden zum 15. Februar wieder geöffnet werden, musste zurückgezogen werden. Nach zwei Monaten mit immer schärferen Massnahmen soll es ab Mitte Februar zwar aufwärtsgehen, allein: Mit Gewissheit garantieren kann das keiner. Die neue Virusvariante hat daran einen entscheidenden Anteil.
Die «harte Keule» wäre schwer zu vermitteln
Nun wird also der öffentliche Nahverkehr «entzerrt» durch mehr Busse und Bahnen, dort sowie in Geschäften gilt eine Pflicht zur OP- oder FFP2-Maske und Home-Office wird «wo möglich» verordnet. Zahlreiche Wissenschaftler weisen aber darauf hin, dass wesentlich stärkere Massnahmen notwendig wären, um die Inzidenz so weit zu drücken, wie es das erklärte Ziel der Regierenden ist.
Diese wären allerdings schwer zu vermitteln – ausgerechnet jetzt, wo die Corona-Zahlen zum ersten Mal seit Monaten wieder erkennbar sinken. «Die harte Keule», wie sie in Deutschland seit Tagen im Blätterwald und Netz-Gezwitscher diskutiert wurde, ist politisch nicht opportun. Eine Arbeitsgruppe soll nun stattdessen eine «sichere» Lockerungs-Strategie entwerfen.
Keine «alte Normalität» in Aussicht
Dass Politikerinnen den Corona-mürben Deutschen nicht noch mehr zumuten wollen, ist verständlich – erst recht, wenn wichtige Wahlen anstehen. Jeder erlebt die Auswirkungen sozialer Isolation bei gleichzeitig trüben Aussichten am eigenen Leib, manche brutal. Dennoch wäre es ehrlicher zuzugeben, dass die «alte Normalität» auch am 14. Februar noch nicht zurückkommt.
Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim wies am 1. April 2020 in ihrem Video darauf hin, dass die Pandemie erst überwunden sei, wenn Herdenimmunität erreicht werde, oder anders formuliert: Wenn 60-70 Prozent der Bevölkerung geimpft seien. Das ist nicht bloss ihre Meinung, sondern die logische Schlussfolgerung dessen, was wissenschaftlich über die Pandemie bekannt ist.
Nun läuft das mit der Impfung nicht auf Knopfdruck. Es gibt Produktions- und Lieferschwierigkeiten, Verteildiskussionen und Impfskepsis. Hinzu kommen lösbare logistische Herausforderungen und schwerer lösbare Verschwörungsängste. Wenn die Deutschen Glück haben, wird der nächste Winter erträglicher. Das lag dann aber nicht an einer Arbeitsgruppe.