Es gebe plausible Hinweise, dass Israel Waffen aus den USA auf eine Art und Weise eingesetzt habe, die mit dem Völkerrecht unvereinbar sei. Doch konkrete Beweise dafür lägen nicht vor, denn Untersuchungen vor Ort seien derzeit kaum möglich. So lautet die Zusammenfassung des Untersuchungsberichts, den das amerikanische Aussenministerium im Auftrag des US-Präsidenten Joe Biden erstellt hat.
Im Bericht heisst es weiter, dass die Ermittlungen noch andauerten, und die USA nicht über alle Informationen verfügten, um zu überprüfen, ob Waffen aus den USA gezielt eingesetzt wurden bei mutmasslichen Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht.
Kritische Fragen im Bericht
Der Bericht wirft jedoch die Frage auf, ob die israelische Armee tatsächlich ihr ganzes Wissen und die Erfahrung einsetze, um in militärischen Operationen die Zahl ziviler Opfer zu begrenzen. Dies auch, wenn sich Israel in einer ausserordentlich schwierigen Lage befinde, weil Kämpfer der Hamas zivile Einrichtungen als Verstecke missbrauchten.
Zudem gebe es keine klaren Beweise dafür, dass Israel gezielt Lieferungen von Hilfsgütern in den Gazastreifen zurückgehalten habe.
Keine Waffenexporte mehr nach Israel?
Untersucht wurde der Zeitraum seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 bis Ende April 2024. Der Bericht des US-Aussenministeriums vermeidet es festzustellen, dass Israel tatsächlich gegen das Völkerrecht verstösst oder verstossen hat. Denn: Könnten solche Verstösse klar nachgewiesen werden, müssten die USA nach geltendem Recht Waffenexporte nach Israel wohl stoppen.
Wie heikel die Erkenntnisse aus dem Untersuchungsbericht sind, war der Biden-Regierung wohl bewusst. Denn die Veröffentlichung wurde um ein paar Tage verschoben.
Damit wollte Biden wohl verhindern, dass der Bericht am selben Tag erscheint wie seine Ankündigung, vorerst keine Offensivwaffen mehr an Israel zu liefern, falls Israel die Stadt Rafah angreifen sollte. Dann wäre der Lieferstopp unweigerlich als Folge des Untersuchungsberichts interpretiert worden.
US-Präsident Biden in der Klemme
Nichtsdestotrotz dürfte der Untersuchungsbericht das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen US-Präsident Joe Biden und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu weiter belasten. Die israelische Regierung hat den Bericht bereits scharf kritisiert und als einseitig und voreingenommen abgetan.
Auch innenpolitisch wird der Bericht wohl noch hohe Wellen schlagen. Dabei wird Biden sowohl von den Republikanern als auch aus den eigenen Reihen bereits stark unter Druck gesetzt – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Von links kommt der Vorwurf, zu wenig zum Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza zu tun, von rechts der Vorwurf, Israel im Stich zu lassen.
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