John Le Carré könnte an der Lebensgeschichte von Felix Sater mitgeschrieben haben. In Interviews präsentiert er sich gerne als erfolgreicher Geschäftsmann und selbstloser Kämpfer gegen Terroristen. Dabei sagt er Sätze wie: «Während Jahren habe ich tagsüber Trump-Türme gebaut und nachts Bin Laden gejagt.»
Der Investigativjournalist Grant Stern, der sich seit bald vier Jahren intensiv mit Felix Sater auseinandersetzt, zeichnet ein anderes Bild. Sater sei vermutlich einer der intelligentesten Kriminellen der Welt, ein Geldwäscher mit einer gewalttätigen Vergangenheit und einem Talent dafür, ungestraft davon zu kommen.
Sater wird zunächst Börsenhändler. Seine Lizenz verliert er 1993, als er wegen gefährlicher Körperverletzung für 15 Monate hinter Gitter muss. Danach beteiligt er sich an einem Aktien-Betrugssystem, erleichtert seine Opfer um zig Millionen und fliegt 1998 auf.
Stern hat die Gerichtsakten gelesen. Das Aktien-Betrugssystem habe Sater in einem Trump-Gebäude an der Wallstreet betrieben, zusammen mit Mitgliedern der russischen und italienischen Mafia-Familien von New York. 1998 sei die Gruppe wegen organisierter Kriminalität angeklagt und verurteilt worden. Sater habe den Kopf aus der Schlinge gezogen, indem er sich als kooperierender Zeuge angedient und seine Kumpanen verraten habe.
Fortan arbeitet Sater im Geheimen als Informant für das FBI, das damals vom heutigen Sonderermittler Robert Mueller geleitet wird. Auch US-Geheimdienste nutzen Saters Dienste, etwa bei illegalen Waffengeschäften. Die Bundesbehörden halten schützend ihre Hand über Sater. Seine kriminelle Vergangenheit halten sie unter Verschluss.
Folgenlos bleiben auch seine mutmasslichen Delikte in den Folgejahren. Denn 2002 ist Sater bei der Firma Bayrock eingestiegen, die im Trump Tower eingemietet ist und im In- und Ausland Immobilienprojekte realisiert – gemeinsam mit Donald Trump. Dabei werden erneut Investoren um Millionen betrogen.
Lug und Trug im Wissen der Behörden
Sämtliche Klagen gegen Bayrock und Sater werden entweder abgewiesen, oder es kommt zu aussergerichtlichen Einigungen. Stern ist auf Gerichtsakten gestossen, die belegen: Die Bundesbehörden wussten, dass Sater weiterhin log und betrog.
Die «New York Times» macht 2007 erstmals die kriminelle Vergangenheit Saters publik. Aber erst fünf Jahre später, nach einem Urteil des obersten Gerichts, wird diese auch offiziell bestätigt.
Sater bleibt jedoch verbunden mit Trumps Firma – bis zu dessen Wahlsieg vor zwei Jahren. Er verteilt Visitenkarten der Trump-Organisation, die ihn als Berater, als «Senior Advisor», ausweisen. Er verfügt über ein Büro im Trump Tower und mit seinem Jugendfreund Cohen verfolgt er das Projekt Trump Tower Moskau. Sater ist damit betraut, Kontakte in Moskau herzustellen und Wahlkampfbotschaften zu entwickeln, die Putin gefallen sollen.
Seit den Russland-Untersuchungen halten Sater und Trump öffentlich Distanz zueinander. Grant Stern ist überzeugt, dass Sater belastende Informationen besitzt über Trump – angeblich, weil dieser ausländischen Regierungen bei seinen Bauprojekten Bestechungsgelder bezahlt haben soll.
Der Präsident, der Angst haben muss vor einem vorbestraften Betrüger, einem FBI-Informanten mit Geheimdienstverbindungen, den die Behörden deshalb jahrelang geschützt haben: John Le Carré hätte sich das nicht besser ausdenken können.