- China versucht im «Fall Peng Shuai» die Weltöffentlichkeit mit Videos der als verschwunden geltenden Tennisspielerin zu beruhigen.
- Am Wochenende veröffentlichten chinesische Staatsmedien mehrere Kurzclips, die Peng erstmals nach ihren Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs bei öffentlichen Auftritten zeigen sollen.
- Es bleiben aber viele Zweifel und Kritik am Gastgeberland der Olympischen Winterspiele im kommenden Jahr.
Der Chefredaktor der Staatszeitung Global Times postete auf Twitter ein kurzes Video, auf dem die 35-Jährige am Sonntag in einem Pekinger Stadion angeblich bei der Eröffnung eines Jugend-Tennisturniers zu sehen ist. Peng trägt im Clip eine marineblaue Sportjacke und eine weisse Trainingshose und steht inmitten einer Gruppe von Gästen, deren Namen unter grossem Beifall aufgerufen werden.
Ein Reporter der Staatszeitung twitterte ein weiteres Video, auf dem angeblich zu sehen ist, wie Peng im selben Stadion Autogramme für Kinder schreibt und anschliessend für Fotos posiert.
Zuvor war bereits eine Aufnahme aufgetaucht, die die einstige Top-20-Spielerin mit Freunden in einem Restaurant in Peking zeigen soll. Die französische Nachrichtenagentur AFP konnte die Authentizität der Videos nicht überprüfen.
Es sei eindeutig, dass das Video aus dem Restaurant «am Samstag Pekinger Zeit aufgenommen wurde», schrieb Global-Times-Herausgeber Hu Xijin.
Tatsächlich sagt ein Mann während der Unterhaltung, «morgen ist der 20. November» – wird aber von einer Frau sofort korrigiert, dass dann der 21. November sei – und damit Sonntag. Die offenbar per Smartphone gefilmte Unterhaltung wirkt inszeniert, Peng macht auf den Aufnahmen einen entspannten Eindruck.
WTA zweifelt und droht
WTA-Boss Steve Simon bezeichnete das Video aus dem Restaurant am Samstag als «nicht ausreichend». Der Chef der Frauentennis-Organisation nannte es zwar «positiv», dass Peng zu sehen sei. Allerdings sei immer noch unklar, ob die Spielerin «frei und in der Lage ist, selbständig und ohne Zwang oder Einmischung von aussen Entscheidungen zu treffen und Massnahmen zu ergreifen».
«Einfach ausgedrückt: Die WTA steht in China am Scheideweg», betonte Simon in einem Schreiben an den chinesischen Botschafter in den Vereinigten Staaten und forderte: «Ich hoffe, ich kann mich darauf verlassen, dass Sie diese Botschaften an die chinesische Führung weiterleiten, damit dieses Problem gelöst werden kann.»
Ich hoffe, ich kann mich darauf verlassen, dass Sie diese Botschaften an die chinesische Führung weiterleiten, damit dieses Problem gelöst werden kann.
Der WTA-Chef hatte bereits damit gedroht, aufgrund der weiterhin unklaren Situation um Peng Shuai dem Reich der Mitte sämtliche WTA-Turniere zu entziehen. Nach zahlreichen prominenten Weggefährten drückte am Wochenende auch Roger Federer seine Bestürzung über die «sehr beunruhigenden Nachrichten» um Peng aus: «Ich hoffe, sie ist sicher. Die Tennisfamilie steht zusammen. Das ist wichtig.»
Hoher Politiker angeschuldigt
Peng Shuai hatte Anfang des Monats in dem Twitter-ähnlichen Medium Weibo geschrieben, vom ehemaligen chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli (75) sexuell missbraucht worden zu sein. Der Eintrag im Sozialen Medium wurde ebenso wie zahlreiche Interneteinträge über Peng gelöscht, von der danach jede Spur fehlte.
Sportorganisationen und auch politische Vertreter hatten ihre grosse Sorge um die ehemalige Weltranglistenerste im Doppel geäussert und von China eine transparente Aufklärung des Falls gefordert. Die Rufe danach dürften auch nach den nun aufgetauchten Videos nicht verstummen.