Saudi-Arabien ist eines der reichsten Länder der Welt, dank seines Öls. Doch der Regierung ist klar: Der Ölsegen wird nicht ewig anhalten. Deswegen will das Land eine von der Ölindustrie unabhängige Wirtschaft aufbauen.
Unter dem Titel «Vision 2030» sollen unter anderem erneuerbare Energien, der Tourismus und der Unterhaltungssektor gefördert werden. Letztes Jahr kam ein neuer Bereich dazu: Games und E-Sport.
Das klingt im ersten Moment etwas exotisch. Auf den zweiten Blick macht es aber Sinn. Viele junge Saudis spielen Games. Schliesslich war in den letzten Jahrzehnten sonst fast alles verboten, was Spass macht (zum Beispiel Konzerte, Sport oder Dates).
Mit einer Gameindustrie könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Unterhaltung und qualitativ hochwertige Jobs für die vielen jungen Menschen.
Wie erschafft man eine Industrie?
Eine Gamingindustrie ist ein komplexes Ökosystem. Es braucht Kreativität, Erfahrung, Strukturen, Netzwerke und das richtige Umfeld.
Saudi-Arabien will deshalb alles auf einmal machen: 86 Initiativen sind geplant, von Regulierung und Finanzierung bis Technologie, Infrastruktur und Ausbildung ist alles mit dabei.
Ein wichtiger Baustein sind die Investitionen in ausländische Firmen. Via Savvy Games ist Saudi-Arabien bereits in die meisten grösseren Game-Studios investiert. Die Beteiligungen sind vorwiegend unter 10 Prozent – nicht genug für ein Mitspracherecht, aber gerade genug, um überall einen Fuss in der Tür zu haben.
Neben den Minderheitsbeteiligungen will Saudi-Arabien aber auch Studios kaufen. Letztes Jahr hat Savvy ESL und FaceIT, die führenden E-Sports-Organisationen in Europa und dem Vereinigten Königreich, übernommen und zusammengeführt. Diesen April hat Savvy Scopely gekauft, einen Mobilegamehersteller aus LA mit rund 2000 Angestellten. Damit hat Savvy laut Budget noch 13 Milliarden für die Übernahme eines führenden Game-Publishers übrig.
Blick hinter die Glitzerfassade
Dass Saudi-Arabien eine Öl-unabhängige Wirtschaft aufbauen will, ergibt Sinn. Dass sie ihrer Bevölkerung Jobs und Unterhaltung bieten will, auch. Dass eine Region mit so vielen Gamerinnen und Gamern ihre eigenen Games herstellen will, leuchtet ein. Es gibt aber auch eine Schattenseite.
Saudi-Arabien ist eine absolutistische Monarchie, die in Menschenrechtsratings die hintersten Plätze belegt: Frauen werden unterdrückt, Gastarbeiter ausgebeutet, Journalistinnen kontrolliert, Kritiker werden hingerichtet. Hinzu kommt der brutale Krieg in Yemen.
Das alles gibt dem Land ein schlechtes Image im Ausland. Dieses Image will man aufpolieren, zum Beispiel, indem man Sportanlässe veranstaltet. Das nennt man «Sportswashing». Genau das könnte auch beim E-Sport ein Ziel sein: Indem man sich nach Aussen als fortschrittliches, offenes Land zeigt, lenkt man von der nach wie vor brutalen Repression ab.
Der Technologie-Podcast von SRF über Internet, Smartphones, soziale Netzwerke, Computersicherheit und Games.
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Sind Games aus Saudi-Arabien Propaganda? Sollte man E-Sports-Events in Riad boykottieren? Entstehen ein Monopol und eine Quelle für Soft-Power? Oder ist der Plan im Gegenteil ein wirtschaftlicher und sozialer Motor für positive Veränderung in der Region?
Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Auf jeden Fall gilt es, kritisch zu bleiben, und man darf gespannt sein, wie sich die Pläne Saudi-Arabiens, zu einem globalen Gaming-Hub zu werden, entwickeln werden.