- Die Fälle von Affenpocken sind laut der WHO um 90 Prozent zurückgegangen.
- Entwarnung gibt es von der WHO aber nicht: Neue Ausbrüche seien weiterhin jederzeit möglich.
- Letzten Juli hat die WHO in zahlreichen Ländern wegen der Affenpockenausbrüche eine internationale Notlage ausgerufen.
Affenpocken – das war im Mai 2022 mitten in der Corona-Pandemie eine Hiobsbotschaft, die weltweit Angst auslöste. Inzwischen sind die schlimmsten Befürchtungen vom Tisch, die Fallzahlen sind drastisch gesunken.
Die WHO fürchtet nun eine fatale Gelassenheit: Neue Ausbrüche seien jederzeit möglich, warnt die WHO-Affenpockenexpertin Rosamund Lewis. «Wir könnten in drei Jahren eine Virusvariante haben, die deutlich weniger gut einzudämmen ist – das ist ein echtes Risiko», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Bis Anfang Januar 2023 registrierte die WHO weltweit knapp 84'000 bestätigte Fälle, darunter 75 Todesfälle. Die WHO geht allerdings davon aus, dass darüber hinaus sehr viele Fälle nicht gemeldet wurden.
Die Zahl der wöchentlich gemeldeten Neuinfektionen von Affenpocken, von der WHO inzwischen Mpox statt Monkeypox genannt, ist seit Juli um gut 90 Prozent gesunken.
Schwierig Affenpocken auszurotten
«Die Herausforderung wird sein, dass Länder die Überwachung und die Laborkapazitäten aufrechterhalten, obwohl es so aussieht, als sei das Problem vom Tisch», sagt Lewis. Es sei zwar bekannt, wie neue Ausbrüche gestoppt werden können: durch Isolation der Infizierten, Beobachtung ihrer Kontakte und Impfungen.
Das funktioniere aber nur, wenn Fälle früh erkannt werden, weltweit. Die WHO-Europaregion hat sich zwar zum Ziel gesetzt hat, die von Menschen übertragenen Affenpocken auszurotten – die Ständige Impfkommission (Stiko) in Berlin bezweifelt aber, dass das ausserhalb von Afrika noch möglich ist.
Lewis fordert deshalb: «An der klinischen Front muss das Bewusstsein für mögliche Affenpockenfälle erhöht werden.» Bei Menschen mit Fieber und Ausschlag müssten neben Masern, Windpocken, Krätze, Syphilis oder Herpes immer auch Affenpocken in Betracht gezogen werden. Kliniken, die auf HIV und sexuell übertragbare Krankheiten spezialisiert sind, sollten routinemässig auf Affenpocken testen.
Krankheit in Afrika nicht unter Kontrolle
Es gibt drei Impfstoffe, die das Risiko einer Ansteckung um mindestens 78 Prozent reduzieren, wie Lewis sagt. Nach anfänglichem Mangel gebe es inzwischen ausreichend Impfstoff.
Das grosse Problem: Das stimmt zwar für reichere Länder, nicht aber für den Rest der Welt. Die grosse Ungleichheit alarmiert die WHO. Die Krankheit sei zwar in Europa, Nordamerika und mit Abstrichen auch in Südamerika weitgehend unter Kontrolle, nicht aber in Afrika, sagt Lewis.
Weil die Krankheit bislang nur mit einem PCR-Test nachgewiesen werden kann, der dort vielerorts nicht zur Verfügung steht, blieben dort viele Fälle unerkannt.
Deshalb fordert Lewis mehr Investitionen: um den Ursprung des Virus in der Tierwelt Afrikas zu finden, um die Übertragungswege auf den Menschen zu erforschen und um Schnelltests und mehr Impfstoffe zu entwickeln.
«Wir brauchen effektive Impfstoffe zu einem guten Preis, die überall zur Verfügung stehen», sagt Lewis. «Wir müssen uns fragen: wollen wir das jetzt ein für alle Male unter Kontrolle bringen oder wollen wir uns Jahrzehnte damit herumschlagen?»