Musik erklingt jeweils in der Grossen Halle des Volkes in Peking, wenn knapp 3000 Delegierte zusammen mit der Staats- und Parteiführung die chinesische Nationalhymne anstimmen. Die Zuschauertribünen sind dann auch voller ausländischer Medienvertreter, die dem Spektakel beiwohnen.
Doch dieses Jahr müssen die meisten Journalistinnen und Journalisten den Auftakt wohl vor dem Bildschirm verfolgen. Zutritt haben voraussichtlich nur wenige ausgewählte Medienvertreter. Genau beobachten wird den Volkskongress auch Yang Dali. Der chinesische Politikwissenschaftler forscht und lehrt an der Universität von Chicago. Nach der Viruskrise wolle die Führung mit dem Volkskongress eine gewisse Normalität zeigen, sagt er.
Händeschütteln ausgeschlossen
«Wenn sie wirklich wollten, könnten sie auch auf ihn verzichten. Denn vieles, was auf dem Kongress passiert, wird nicht dort entschieden», sagt Yang Dali. «Ich denke, die Führung will vor allem zeigen, dass sie eine solche Veranstaltung durchführen kann. Die Form ist in diesem Fall der Inhalt.»
Obwohl vieles vorgegeben ist und die Delegierten die Politik der Regierung durchwinken, gebe es an Volkskongressen auch Diskussionen, sagt Yang Dali. «In den letzten Jahren hat man deutlich gesehen, dass es gewisse Meinungsverschiedenheiten gab, dass bestimmte Leute nicht miteinander auskamen und sich zum Beispiel nicht die Hand gaben.»
Keine Party für die Teilnehmer
Dieses Jahr werden sie sich allerdings ohnehin nicht die Hand geben, das macht die Beobachtung schwieriger. Klar ist: Der diesjährige Volkskongress steht im Zeichen der Krisenbewältigung. Vorsichtig seien die Delegierten in jedem Fall, so Yang Dali: «Einerseits wollen sie feiern. Andererseits können sie dies nicht wirklich, weil es immer noch Ausbrüche gibt und auch der Rest der Welt noch unter der Pandemie leidet – zumal diese ja in Wuhan begann.»
Chinas Umgang mit der Krise steht international in der Kritik. Insbesondere die USA werfen Peking Vertuschung vor. Die chinesische Regierung wird die Berichterstattung über den Volkskongress in diesem Jahr – mitten in der Coronaviruskrise – also erst recht im Griff haben.