- Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Landsleute gebeten, bei der Stützung des Lira-Kurses mitzuhelfen.
- Die Landeswährung ist seit Jahresbeginn zum Dollar um rund 20 Prozent abgesackt.
- Das kommt Erdogan angesichts seiner vorgezogenen Parlaments- und Präsidentenwahlen vom 24. Juni sehr ungelegen.
Türkinnen und Türken sollten ihre Euro- und Dollar-Ersparnisse in Liraumtauschen, verlangte Staatspräsident Erdogan an einer Wahlveranstaltung in der osttürkischen Stadt Erzurum. Zusammen lasse sich das Komplott gegen die türkische Lira vereiteln.
Erdogans Verschwörungstheorie
Die türkische Regierung sieht hinter dem Zerfall der Währung eine Verschwörung heimischer und ausländischer Finanzakteure. Diese wollten die türkische Wirtschaft schwächen und so einen Regierungswechsel herbeiführen.
Der Verfall der Lira könnte Erdogan bei den Parlaments - und Präsidentenwahlen zahlreiche Stimmen kosten. Der Präsident ist bei seinen Anhängern unter anderem deshalb so beliebt, weil er ihnen wirtschaftlichen Wohlstand brachte. Für viele Türken ist der Verfall der eigenen Währung nun aber zum Problem geworden.
Kursfall noch kaum bemerkbar
Laut ARD-Korrespondentin Karin Senz folgen auch viele Sparer im Land Erdogans Aufruf nicht: «Was das Ersparnis angeht, höre ich von einigen Türken, die gerade versuchen, ihr Kapital ins Ausland zu schaffen.» Gleichzeitig glaubten zahlreiche Anhänger Erdogans Theorie: Sie wittern ein Komplott des Auslands mit dem Ziel, Erdogan zu stürzen.
Auf den Alltag im Land haben die Kursschwankungen noch keinen starken Einfluss: Die Preise sind grösstenteils stabil. Auch Wirtschaftsexperten sind noch unschlüssig, wie sich die Kursentwicklung auswirken könnte – auch auf dem politischen Parkett.
Auch Notenbank reagiert
Die türkische Zentralbank reagierte letzte Woche auf den gefährlichen Niedergang der heimischen Währung und die hohe Inflation: In einer Krisensitzung beschloss sie, einen wichtigen Leitzins anzuheben. Die Notenbank begründete die Entscheidung mit der hohen Inflation. Mit höheren Zinsen wolle man für Preisstabilität sorgen.
Analysten sind sich jedoch einig, dass dieser Schritt viel früher hätte erfolgen müssen. Zudem zweifeln sie daran, dass er ausreicht. Die Devisenmärkte beruhigten sich sind zunächst aber ein wenig.
Gegen Willen des Präsidenten gehandelt
Präsident Erdogan dürfte die Zinsanhebung nicht gefallen. Er hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für niedrigere Leitzinsen ausgesprochen. Wohl auch deshalb hat er bereits angekündigt, nach den Wahlen mehr Kontrolle über die Geldpolitik ausüben zu wollen.