- Die radikalen Islamisten sind von allen Seiten auf die Hauptstadt Kabul vorgestossen und befinden sich vor der Toren der Stadt.
- Der bisherige afghanische Präsident, Aschraf Ghani, hat derweil nach übereinstimmenden Meldungen das Land verlassen.
- Die Taliban sind nach eigenen Angaben in Gesprächen mit der afghanischen Regierung – über eine «friedliche Übergabe» von Kabul.
- Die Taliban-Führung erklärte weiter, man wolle Kabul nicht gewaltsam einnehmen. Allen Menschen, die Kabul verlassen wollten, werde ein sicherer Abzug gewährt.
Wie die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP unter Berufung auf offizielle Stellen berichten, hat Afghanistans Präsident Aschraf Ghani Kabul in Richtung Tadschikistan verlassen.
Die Taliban hatten ihre Kämpfer zuvor angewiesen, nicht in die Hauptstadt Kabul vorzudringen. Sie sollten vielmehr an den Toren der Stadt Stellung beziehen, heisst es in einer Erklärung der Islamisten. Die Taliban beabsichtigten nicht, die Stadt mit Gewalt oder Krieg zu betreten. Man wolle vielmehr mit der anderen Seite über einen «friedlichen Einmarsch» in Kabul verhandeln.
Es werde zudem eine neue Regierung angestrebt, an der alle Afghanen beteiligt seien, sagt der Sprecher dem britischen Rundfunksender BBC. Er versicherte, dass die Rechte von Frauen respektiert würden. Frauen würden Zugang zu Bildung haben und auch arbeiten sowie alleine das Haus verlassen dürfen. Strafen wie «Hinrichtungen, Steinigungen und Amputationen» müssten von Gerichten entschieden werden. Medien solle eine kritische Berichterstattung erlaubt werden.
Innenminister spricht von «friedlicher Machtübergabe»
Auch der afghanische Innenminister Abdul Sattar Mirzakwal erklärte, es sei die Vereinbarung getroffen worden, dass ein Machtwechsel friedlich erfolge. Kabul werde nicht angegriffen werden. Die Sicherheit der Stadt sei garantiert, sagte Mirsakwal in einer Videobotschaft. Er rief die Menschen dazu auf, nicht auf Propaganda zu hören. «Die Leute brauchen sich keine Sorgen zu machen, die Stadt ist sicher», erklärte er.
Eine Delegation der afghanischen Regierung soll sich noch heute in Doha in Katar mit Vertretern der Taliban treffen. Dies erklärte ein Unterhändler der afghanischen Regierung. In Doha befindet sich der Sitz der politischen Vertretung der Taliban. Laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters sollen beim Treffen auch US-Vertreter anwesend sein.
Biden warnt Taliban – Evakuierung angelaufen
US-Präsident Joe Biden drohte den Taliban bereits vor den neuesten Entwicklungen mit «einer raschen und starken militärischen Reaktion», falls diese das US-Personal in Afghanistan gefährdeten. Das habe er Vertretern der Taliban in Doha in Katar ausrichten lassen. Die USA begannen am Sonntag mit der Evakuierung von Diplomaten aus der Botschaft in Kabul – die Helikopter sind am frühen Morgen gelandet.
Ein US-Vertreter bekräftigte, dass eine Änderung der US-Militärstrategie unwahrscheinlich sei, solange die Islamisten die Evakuierung der amerikanischen Botschaft nicht störten.
Seit Beginn des Abzugs der US- und Nato-Truppen im Mai verzeichnen die Taliban gewaltige Gebietsgewinne. Mittlerweile kontrollieren sie 21 der 34 Provinzhauptstädte des Landes. Am Samstag und am frühen Sonntag waren auch die letzten grossen Städte neben Kabul, Masar-i-Scharif und Dschalalabad, in ihre Kontrolle gebracht worden.