Er hat alle überrascht: Javier Milei hat die Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl in Argentinien mit 30.06 Prozent der Stimmen gewonnen. Galt er lange als Aussenseiter, ist er nun im Rennen ums höchste Amt, das sich am 22. Oktober entscheidet, vorne mit dabei. Doch wer ist der Mann mit harter Rhetorik und einer Frisur, die jener argentinischer Nationalhelden ähnelt?
Milei gilt als rechtsliberaler Ökonom, der Argentinien radikal liberalisieren will. Selbst bezeichnet er sich als Anarchokapitalist. Dem 52-Jährigen wird eine ideologische Nähe zum früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und zu Ex-US-Präsident Donald Trump nachgesagt. Was sie drei verbinde, sei der Kampf gegen den Sozialismus, sagte Milei einst in einem Interview gegenüber «Die Welt».
Geboren wurde Milei 1970 in Buenos Aires. Seine Kindheit verbrachte er in Mittelklasse-Vierteln und seine Jugend als Goalie auf dem Fussballplatz. Später studierte er Wirtschaftswissenschaften, arbeitete als Wirtschaftsberater in verschiedenen Organisationen und schrieb Bücher. Bekannt machten ihn die vielen Radio- und Fernsehauftritte, in denen er die Wirtschaftspolitik der jeweils amtierenden Regierung kritisierte.
Während er gegen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft wettert, vertritt er in anderen politischen Bereichen rechtsextreme Positionen. So spricht er sich für eine Lockerung des Waffenrechts aus, will das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abschaffen und leugnet das Verbrechen der vergangenen Militärdiktatur in Argentinien (1976–1983).
Milei als Nutzniesser der Wirtschaftskrise
Der Ökonom steht ausserhalb des traditionellen argentinischen Parteienspektrums von Peronisten und Konservativen. Dass er so viele Stimmen erhalten hat, steht im Zusammenhang mit der Situation in Argentinien. Seit Jahren steckt das Land in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt zurzeit bei 115 Prozent. Über ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. «Wir suchen nach einer Veränderung. Wir haben es satt, so zu leben», sagte Franco Lesertessur (19), als er vor Mileis Wahlkampfzentrale im Zentrum von Buenos Aires feierte.
Die Unzufriedenheit ist in Argentinien weit verbreitet. Mit ihrer Stimme für Milei haben viele Wählerinnen und Wähler ihre Enttäuschung gegenüber den traditionellen Parteien, die die politische Szene Argentiniens seit Jahrzehnten beherrschen, zum Ausdruck gebracht.
Freie Marktwirtschaft als Lösung für die Inflation
Milei verspricht, das Land aus der Krise zu ziehen, und dies mit radikalen Umwälzungen. So will er die Zentralbank abschaffen und den US-Dollar als Währung einführen. Zudem will er öffentliche Ausgaben kürzen und das Bildungs- und Gesundheitssystem privatisieren. «Wir werden der parasitären und nutzlosen politischen Kaste in diesem Land ein Ende setzen», sagte Milei in einer Rede nach seinem Sieg in den Vorwahlen.
Den Staat sieht Milei als kriminelle Organisation, die von den Steuern lebt und das argentinische Volk ausraubt. Für ihn sind der Kapitalismus und die freie Marktwirtschaft die Lösung für die Inflation. «Das Problem hier sind nicht mehr die Köche, sondern das Rezept. Wenn wir keine 180-Grad-Wende vollziehen, wird sich Argentinien in das elendste Land der Welt verwandeln», sagte Milei in seiner Rede.