An die Stille muss sich Ayelet Hakim erst noch gewöhnen. «Seltsam, keine Bomben in Gaza zu hören. Die Stille tut unseren Seelen gut, bei uns und im Gazastreifen. Sie bedeutet, die Geiseln kommen zurück.»
Ayelet Hakim (56) wurde im Kibbuz Be'eri geboren, verbrachte ihr ganzes Leben hier. Bis zum Morgen des 7. Oktober 2023. Die Hamas fiel über die Gemeinde her, tötete mehr als hundert Menschen, entführte 30 Bewohnerinnen und Bewohner. Darunter ihre Schwester. Diese kam im November frei. Ihr Schwager ist auf der Liste der Geiseln, welche als nächste freikommen sollen.
«Wir hofften, er würde am vergangenen Samstag freigelassen. Als das nicht passierte, fielen wir wieder in ein Loch der Enttäuschung. Wir weinten und schrien. Aber jetzt hoffen wir, dass er diesen Samstag freikommt.»
«Kriege können endlos weitergehen»
Trotz der Waffenruhe: In Be’eri wohnen kann Ayelet Hakim noch immer nicht. Die Terroristen zerstörten 130 Gebäude, machten aus dem Kibbuz einen Friedhof. Der Krieg begann, die Überlebenden wurden umgesiedelt, zuerst in Hotels, neulich in einen anderen Kibbuz.
«Kriege können endlos weitergehen. Der Ukraine-Krieg, der Krieg bei uns – zu viele Menschen sterben. Und wegen des Krieges kann ich nicht nach Hause zurückkehren.»
Hassen und Töten bringen uns nicht weiter. Es gibt nur eins: Wir müssen miteinander reden.
Ayelet Hakim will Frieden mit den Palästinensern, auch wenn es sie Überwindung kostet. «Manchmal kommt alles hoch, und ich wünschte mir, sie würden alle sterben. Aber mit Hass leben ist schrecklich.»
Auch der 63-jährige Danny Meizner ist dankbar für die Waffenruhe. Aber an Gespräche mit den Palästinensern glaubt er nicht mehr, seitdem die Hamas seine Schwester massakrierte. «Ich war nie ein Linker, aber jetzt bin ich eher rechts.»
Ich denke, der zehnjährige Junge, den wir im letzten Gazakrieg nicht getötet haben, drang als 20-jähriger Terrorist in meinen Kibbuz ein und tötete meine Familie.
Die Waffenruhe findet der Velohändler gut, weil die Geiseln freikommen, aber bitter, weil Israel dafür auch verurteilte Terroristen freilassen muss. «Aber kein Preis ist zu hoch für die Geiseln. Kommt ein Terrorist frei, werden wir ihn später finden und töten.»
Schmerzhafter Neuanfang
Die Stille wird vom Lärm eines Baggers unterbrochen, der die von der Hamas ausgebrannten Häuser abreisst. «Das Geräusch ist wie Musik in meinen Ohren», sagt Danny Meizner. «Denn hier entsteht der neue Kibbuz.»
Zwei Busse stehen neben der Baustelle, eine Besuchergruppe macht Fotos von den ausgebrannten Häusern. Die Überlebenden hätten über den Neubau abgestimmt, sagt der Leiter der Gemeinschaft, Yiftach Tzelniker. So schmerzhaft der Abbruch sei: In einem Mahnmal könnten sie nicht weiterleben. Und der israelischen Regierung sei es eh egal, was hier passiere.
Was mit dem Kibbuz Be’eri passiert, interessiert sie nicht.
«Kaum ein Minister kam und redete nach dem Massaker mit uns. Ich glaube, der Kibbuz Be'eri und auch die anderen Kibbuzim interessieren sie nicht», sagt Yiftach Tzelniker.
Im Kibbuz Be'eri gibt es unterschiedliche politische Meinungen, aber in einem Punkt sind sich alle einig: Die Regierung habe sie am 7. Oktober 2023 nicht beschützt, und danach im Stich gelassen.
Vielleicht haben sie deshalb mehr Vertrauen in US-Präsident Donald Trump als in Premierminister Benjamin Netanjahu. Ayelet Hakim ist Trump auf jeden Fall dankbar. «Er ist der Präsident der Welt!» Tatsache sei, sagt Hakim, «seit er gewählt wurde, redet die ganze Welt über uns, und die Geiseln kommen frei.»