- Bei der mit Spannung erwarteten Landtagswahl in Hessen müssen CDU und SPD herbe Verluste hinnehmen.
- Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU auf 27,0 Prozent, SPD auf 19,8; Grüne auf 19,8; die AfD auf 13,1; die FDP auf 7,5 und die Linke auf 6,3 Prozent.
- Schwarz-Grün hat die Chance auf eine Fortsetzung der Regierungskoalition, aber auch andere Konstellationen sind denkbar.
Erst Bayern, jetzt Hessen – die Wähler haben die zerstrittenen Parteien der grossen Koalition erneut abgestraft. Bei der Landtagswahl in Hessen erlitten CDU wie SPD am Sonntag zweistellige Verluste. Die Christdemokraten von Ministerpräsident Volker Bouffier kamen nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf ihr schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland seit mehr als 50 Jahren, blieben aber stärkste Kraft.
Bouffier räumte ein: «Wir haben schmerzliche Verluste erlitten, das macht uns demütig, das nehmen wir ernst.» Der Wahlkampf sei stark überlagert worden vom Erscheinungsbild der grossen Koalition in Berlin. Die Menschen wünschten sich von ihr weniger Streit und mehr Sachorientierung.
Hessische CDU kommt mit blauem Auge davon
Dank hoher Zugewinne der Grünen ist eine Fortsetzung des seit 2013 regierenden schwarz-grünen Bündnisses knapp möglich. Daneben kommen auch CDU und SPD sowie SPD, Grüne und FDP rechnerisch auf eine Mehrheit. Am stabilsten wäre ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP.
Die SPD von Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel erzielte ihr schlechtestes Landesergebnis aller Zeiten. Auch er machte dafür die Bundespolitik verantwortlich. Man habe «nicht nur keinen Rückenwind aus Berlin erhalten, sondern wir hatten regelmässig Sturmböen im Gesicht».
Grosse Wahlgewinner sind die Grünen mit ihrem besten Abschneiden bei einer Hessen-Wahl sowie die AfD. Die Rechtspopulisten ziehen erstmals in den Landtag ein und sind nunmehr in allen 16 Landesparlamenten vertreten.
Grosse Koalition geht über die Bücher
Auf Bundesebene geraten die Parteichefinnen von CDU und SPD, Kanzlerin Angela Merkel und Andrea Nahles, nach der zweiten Wahlschlappe binnen zwei Wochen nun noch stärker unter Druck. Am kommenden Wochenende wollen die Spitzen von CDU und SPD über Konsequenzen aus den Abstimmungen in Bayern und Hessen diskutieren.
Auf Vorschlag von Nahles wollen die Sozialdemokraten bereits an diesem Montag in Präsidium und Vorstand über einen Kriterienkatalog beraten, wie die Grosse Koalition künftig besser arbeiten kann und wann für die SPD eine rote Linie erreicht ist.
«Die grosse Koalition hat zusammen 20 Punkte verloren, das ist ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Frau Merkel», sagte derweil FDP-Chef Christian Lindner. Die grosse Koalition werde nur noch durch die Angst vor den Wählern zusammengehalten.
Die grosse Koalition aus CDU, ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU und der SPD war trotz starker Verluste nach der Bundestagswahl 2017 noch einmal erneuert worden. In Umfragen hätte die «GroKo» derzeit deutschlandweit keine Mehrheit mehr.