Das Parteilokal der Sozialdemokraten hiess früher einmal Volkshaus. Nun heisst das Haus der Völker. Schliesslich leben heute in Bologna auch viele Ausländer, sagt Sergio Nottoli. Doch die Küche im Haus der Völker ist noch immer sehr italienisch: Tortellinisuppe, Risotto, Kalbfleisch mit Kartoffeln.
Nottoli ist 85-jährig und serviert als Freiwilliger regelmässig im Haus der Völker. Er ist Parteiveteran. Er trat den Kommunisten am Ende des Zweiten Weltkriegs bei, 1945. Vorher, im Krieg, habe er Hunger gelitten. Er sei auch in deutsche Gefangenschaft geraten. Der Frieden sei für ihn darum wie ein Traum gewesen, für den viele kommunistische Partisanen ihr Leben gaben.
Der Niedergang begann Anfang der 90er
Aus Dankbarkeit sei er als 15-Jähriger dem Partito Comunista beigetreten. Bald wurde die Gemeindeparlamentarier in einem Vorort Bolognas. 60 bis 70 Prozent der Stimmen erreichten die Kommunisten damals in und um das rote Bologna. Rauschende Feste habe die Partei gefeiert, die Feste dell'unità.
Beim Festen habe die Partei Kontakt zu den Leuten hergestellt und gleichzeitig ihre Kasse gefüllt. Tempi passati. Der Niedergang, erinnert sich Nottoli, begann Anfang der 1990er Jahre, als die UdSSR unterging und sich die italienischen Kommunisten als sozialdemokratische Partei neu formierten.
Wegen Spaltung könnte es knapp werden
Ein Teil der Genossen aber sei dagegen gewesen und habe eine neue kommunistische Partei gegründet. Seither sei Italiens Linke tief gespalten.
Die Linke habe sich mit ihrem ständigen Streit und den Spaltungen geschadet, so Nottoli. Zuletzt habe Ex-Premier Matteo Renzi schwere Fehler gemacht.
Er wollte Reformen durchbringen, ohne sich mit den Gewerkschaften und anderen Verbündeten abzusprechen. Trotz allem: Der 85-Jährige ist davon überzeugt, dass die Linke die Wahl erneut gewinnt – wenn auch nur knapp. Um wieder deutlich siegen zu können, müsse sich seine Partei ändern.
Die Linke sollte stolz darauf sein, dass sie Flüchtlinge nicht im Meer ertrinken lässt.
«Wir müssen wieder zu den Leuten», sagt er. Die Linke müsse mit den Leuten diskutieren und stolz darauf verweisen, was sie in der Emilia Romagna, einer wohlhabenden Region, alles erreicht habe. Und sie dürfe sich nicht von Lega-Chef Matteo Salvini einschüchtern lassen. Er nennt als Beispiel die Flüchtlinge.
Wenn er Flüchtlinge treffe, sagt Nottoli, dann versuche er sie zu unterstützen. Er gebe etwas zu essen oder Geld. Denn im Krieg habe er gelernt, was Hunger sei. Die Linke solle stolz darauf sein, dass sie Flüchtlinge nicht im Meer ertrinken lasse, sagt der Veteran im Haus der Völker und wendet sich wieder den Tortellini und dem Risotto zu, die hier reichlich auf den Tisch kommen.