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Wahlen in Deutschland Boris Pistorius verzichtet auf SPD-Kanzlerkandidatur

  • Verteidigungsminister Boris Pistorius steht nicht für eine SPD-Kanzlerkandidatur zur Verfügung.
  • Das habe er «soeben» der Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, sagte er in einem am Abend online verbreiteten Video.
  • Nach kontroverser öffentlicher Debatte ist damit der Weg für eine erneute Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz frei.

Nach dem Verzicht von Pistorius soll Scholz am kommenden Montag vom SPD-Vorstand als Kanzlerkandidat für die Neuwahl des Bundestags nominiert werden. «Wir werden jetzt sehr schnell in den Gremien, Montag im Parteivorstand, dann auch Klarheit schaffen: Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen», sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil in Berlin.

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatte sich in der SPD eine immer lauter werdende Debatte darüber entwickelt, ob es nicht besser wäre, mit Pistorius ins Rennen zu gehen. Mit Blick auf seine deutlich höheren Beliebtheitswerte und vermutete bessere Wahlchancen hatten sich immer mehr SPD-Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene offen für ihn ausgesprochen.

Bei Friedrich Merz dürften die Korken knallen

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Einschätzung von Stefan Reinhart, Leiter Auslandkorrespondentinnen und -korrespondenten:

«Noch vor ein paar Tagen hielt Verteidigungsminister Boris Pistorius die Spannung hoch. Das einzige Amt, für das er sicher nicht in Frage komme, sei jenes des Papstes. Alle deuteten das so: Pistorius will Kanzler werden, wagt den Machtkampf mit Olaf Scholz. In der Partei grummelte es schon lange, viele wollten nicht mit Scholz in den Wahlkampf. Auf dieser Welle surfte Pistorius ein paar Tage lang. Jetzt steigt er vom Brett und gibt bekannt, dass er für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe. 

Damit ist der Weg frei für Olaf Scholz, die Partei kann sich auf einen Wahlkampf mit Scholz vorbereiten – das Duell ums Kanzleramt wird wohl zwischen Olaf Scholz und CDU-Kandidat Friedrich Merz entschieden. Die anderen beiden Kandidaten, Robert Habeck von den Grünen und Alice Weidel von der Alternative für Deutschland, dürften keine Chance haben. 

Der Weg der SPD, mit Scholz in den Wahlkampf zu ziehen, ist riskant. Scholz ist nicht nur bei vielen Genossen unten durch, auch bei der Gesamtbevölkerung sind seine Umfragewerte ein Desaster. Jedenfalls nicht so, dass sie einen aussichtsreichen Kampf ums Kanzleramt versprechen könnten. 

Scholz aber ist so von sich selber überzeugt, hat sich bei der letzten Wahl aus den tiefsten Tiefen der Beliebtheits- und Umfragewerte ins Kanzleramt gekämpft – er will es jetzt nochmals schaffen. Es könnte sein, dass er sich da massiv täuscht. Und obwohl Boris Pistorius die unwürdige Kanzler-Debatte in der SPD beendet – die Diskussionen um Scholz werden nicht verschwinden. Für die SPD wird dieser Wahlkampf zur Qual. 

Sektkorken dürften dagegen heute bei der CDU knallen. Friedrich Merz hätte gegen einen Gegner Pistorius deutlich mehr Mühe gehabt, die SPD wäre mit einem Kamila-Harris-Moment in den Wahlkampf gestartet. Doch jetzt bleibt der gescheiterte Kanzler Kandidat für ein Amt, für eine Aufgabe, bei der er gerade grandios gescheitert ist.»

Die SPD-Spitze hatte sich hinter Scholz gestellt, aber nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar auch zunächst darauf verzichtet, ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Mit einer Äusserung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass es «Grummeln» in der Partei in der Kanzlerfrage gebe, begann die öffentliche Debatte.

Scholz hat seinen Anspruch früh formuliert

Pistorius machte tagelang keine Anstalten, sie zu unterbinden. Im Gegenteil: «In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschliessen, ganz egal, worum es geht», sagte der SPD-Politiker erst am Montag bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau. «Das Einzige, was ich definitiv ausschliessen kann, ist, dass ich noch Papst werde», fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu. Allerdings sagte Pistorius dann auch noch zur Kanzlerkandidatur: «In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein.»

Scholz selbst hatte seinen Anspruch bereits im Juli erklärt, als der Bruch der Ampel-Koalition noch weit weg war: «Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden», sagte er damals. In den vergangenen Tagen hatte er das nicht so klar wiederholt – offensichtlich um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wolle sich selbst küren.

Die nächste reguläre Sitzung des Parteivorstands mit seinen 34 Mitgliedern ist für den kommenden Montag, 11:30 Uhr, geplant. Anschliessend wird am 11. Januar noch der Parteitag über die Kandidatur abstimmen. Normalerweise ist das Formsache. Die erste offizielle Präsentation des Kandidaten soll aber früher stattfinden: Bei einer «Wahlsiegkonferenz» am 30. November in Berlin.

Video
Archiv: Schlagabtausch nach Regierungserklärung von Scholz
Aus Tagesschau vom 13.11.2024.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 28 Sekunden.

SRF 4 News, 21.11.2024, 20:00 Uhr ; 

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