Éric Zemmour ist seit 35 Jahren im Mediengeschäft. Als Journalist für die konservative Zeitung «Le Figaro», als politischer Kommentator im Privatfernsehen, als Buchautor. In seinem Essai «Le Suicide Français» stellte er vor einigen Jahren die Entwicklung in Frankreich seit den 1970er-Jahren als Selbstmord auf Raten dar.
Frankreich schafft sich ab, ist Éric Zemmours zentrale These. Das Problem sieht er in einem wachsenden Bevölkerungsanteil von Muslimen mit afrikanischen Wurzeln. Leute, die sehr weit von der französischen Kultur und ihrer griechisch-römischen und christlichen Grundlage entfernt seien.
Auf Kollisionskurs
Éric Zemmour polemisiert und provoziert: Vor zehn Jahren verurteilte ihn das Strafgericht Paris wegen Aufruf zum Rassenhass. Auch in Bezug auf Frankreichs Geschichte im Zweiten Weltkrieg geht Zemmour auf Kollisionskurs mit der gängigen Meinung.
Die Deutschen hätten die Vichy-Regierung unter Marschall Pétain zur Kollaboration im Holocaust gezwungen. Vichy habe französische Juden beschützt und ausländische Juden ausgeliefert. Dass sich Frankreichs Präsidenten seit Jacques Chirac schrittweise von kolonialen Verbrechen in Algerien distanzieren, lehnt er ab.
Im Zentrum von Éric Zemmours Kritik steht aber der Islam. Der Islam sei eine politische Theologie: eine Zivilisation und religiöse Gemeinschaft, die mit den Grundsätzen Frankreichs nicht vereinbar sei. Der Islam stelle religiöse Gesetze über die staatliche Ordnung.
Die Folge seien ausländische Sondergesellschaften innerhalb Frankreichs. Der Islam in Frankreich müsse französiert werden. Genauso wie früher auch das Judentum.
Der Islam in Frankreich muss französiert werden.
Der Vergleich ist bewusst gewählt. Éric Zemmour stammt aus einer jüdischen Familie, die Algerien während des Algerienkrieges verlassen musste. Seine Familie habe sich damals in Frankreich assimiliert – und genau dies verlange er heute auch von Muslimen.
Frankreichs Schicksal stehe auf Messers Schneide, sagt Zemmour. Es müsse jemand Gegensteuer geben. Von Marine Le Pen hält er wenig. Sie habe den Reflex linker Frauen. Das Rassemblement National wachse nur, weil die traditionelle Rechte die Linie de Gaulles längst verraten habe. Es sei offensichtlich niemand da, der den Auftrag zur Verteidigung Frankreichs übernehmen könne.
Zwischen den Zeilen schimmert durch, dass sich Éric Zemmour für den Mann der Stunde hält. Auch wenn er unermüdlich wiederholt, der Moment für die Entscheidung sei noch nicht gekommen. Auch wenn sich der Mann noch ziert – in der rechten Wählerschaft zeichnen sich schon jetzt deutliche Verschiebungen ab.
Neueste Umfragen sagen Marine Le Pen einen Absturz auf deutlich unter 20 Prozent voraus. Sie liegt nur noch knapp vor Zemmour, der offiziell noch gar nicht Kandidat ist. Noch schlechter sind die Aussichten der konservativen «Républicains». Zemmour hat ihren chancenreichsten Anwärter bereits überholt.
In Zemmours Rücken steht längst eine wachsende Fan-Gemeinde: Diese «Freundinnen und Freunde» von Eric Zemmour haben bereits ein Lokal gemietet. Nach Recherchen der Tageszeitung «Le Parisien» eignet es sich bestens als Hauptquartier für eine Präsidentschaftskampagne. Es sei gross und liege im noblen 8. Arrondissement von Paris. Einen kurzen Fussmarsch vom Amtssitz des Präsidenten im Élysée-Palast entfernt.