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Wahlen in Ghana Ghanas Demokratie funktioniert – die Opposition gewinnt

Die Niederlage der Regierungspartei New Patriotic Party (NPP) hat sich in Ghana bereits am Samstagabend abgezeichnet. Hier, in dem kleinen Wahllokal am Rande eines Fussballplatzes in der Hauptstadt Accra, hatte in den letzten 20 Jahren stets die liberalkonservative NPP gewonnen.

Diesmal ist das anders: Bei der öffentlichen Auszählung der Stimmen, die unmittelbar nach Schliessung der Urnen stattfindet, wird klar: Die sozialdemokratische Oppositionspartei National Democratic Congress (NDC) gewinnt – und zwar mit deutlichem Vorsprung.

«Wir respektieren diese Entscheidung in aller Demut»

Die Menschen wählten vielerorts mehrheitlich die Opposition – und sie taten das so deutlich, dass die Regierungspartei bereits am Sonntagmorgen und lange vor der Veröffentlichung der offiziellen Resultate ihre Niederlage anerkannte.

Deren Präsidentschaftskandidat, Mahamudu Bawumia, sagte, dass die selbst erhobenen Zahlen keine Zweifel an der eigenen Niederlage liessen: «Die Bevölkerung hat diesmal für den Wandel gestimmt. Wir respektieren diese Entscheidung in aller Demut.» Damit ist klar: John Dramani Mahama wird ab Januar der Präsident von Ghana sein. Der 66-jährige Historiker ist dies bereits zum zweiten Mal.

Klar ist auch: Die Wahlen zeigen, dass Ghanas Demokratie funktioniert, und dass die Bevölkerung hier nicht davor zurückschreckt, eine Partei oder Regierung abzustrafen, wenn sie mit deren Arbeit nicht zufrieden ist.

Damit ist Ghana die Ausnahme in Westafrika, in einer Region, in der zuletzt mehrere Militärcoups stattfanden. Umso wichtiger ist das Signal, das diese Wahlen über die Landesgrenzen hinaussendet: das Signal, dass politischer Wandel durch freie und kompetitive Wahlen möglich ist.

Das Vertrauen wiederherstellen

Auf den neuen Präsidenten Mahama wartet freilich viel Arbeit. Ghanas Wirtschaft liegt seit Jahren auf der Intensivstation, vielen Menschen geht es schlechter als vor einigen Jahren. Wichtig für die neue Regierung wird es zudem sein, das Vertrauen in sie – und in die politischen Institutionen des Landes – zu stärken. Dieses Vertrauen hat zuletzt deutlich gelitten, wie Umfragen zeigen.

Auch war die Wahlbeteiligung in vielen Wahllokalen deutlich tiefer als bei vergangenen Urnengängen. Offenbar hatten nicht wenige Ghanaerinnen und Ghanaer das Gefühl, dass ihre Stimme ohnehin keinen Unterschied macht.

Das ist – zumal mitten in einer wirtschaftlichen Krise – ein Warnsignal. Und die neue Regierung tut gut daran, diesen spürbaren Fatalismus in der Bevölkerung anzugehen und zu zeigen, dass die Politik die oft existenziellen Sorgen der Menschen wieder ernst nimmt.

Fabian Urech

Afrika-Korrespondent

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Fabian Urech ist seit dem Frühjahr 2024 Afrika-Korrespondent von Radio SRF. Er lebt in Ghanas Hauptstadt Accra. Zuvor war er während sieben Jahren Afrika-Verantwortlicher der «NZZ».  

Echo der Zeit, 08.12.2024, 18 Uhr

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