Die grosse Gewinnerin des Wahlsonntags heisst Nea Demokratia. Dass die Partei von Regierungschef Kyriakos Mitsotakis diese Wahlen gewinnen würde, war zu erwarten. Dass das Ergebnis so deutlich ausfallen würde, hat kein Umfrageinstitut vorhergesagt und sie selbst wohl auch überrascht.
Kontinuität statt Umsturz
Über 40 Prozent der Stimmen holen die Konservativen. Es ist ein klares Votum für ihre Politik der letzten Jahre, die dem Land politische Stabilität und wirtschaftliche Erholung gebracht haben. Offenbar goutieren die Wählerinnen und Wähler diese Entwicklungen.
Der andere Sieger heisst Pasok-Kinal. Die Sozialdemokraten lagen in den Umfragen im einstelligen Bereich und haben nun über 11 Prozent der Stimmen geholt. Sie haben dem linken Syirza-Bündnis Wählerstimmen weggenommen.
Syriza verliert über 10 Prozentpunkte
Der grosse Verlierer heisst Syriza. Die Partei von Alexis Tsipras ist zwar immer noch stärkste Oppositionspartei, verglichen mit 2019 hat sie aber mehr als 10 Prozentpunkte eingebüsst. Tsipras forderte im Wahlkampf nichts Geringeres als die Wende, oder radikaler formuliert, den Umsturz. Ganz offensichtlich wollte das die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler nicht.
Mehrere Klein- und Kleinstparteien schaffen die Hürde von drei Prozent nicht. Unter ihnen auch der ehemalige Finanzminister der Syriza-Regierung Gianis Varoufakis und seine Mera25. Insgesamt stellen diese Kleinstparteien einen grossen Wähleranteil dar. Sie erreichen zusammen über 15 Prozent der Stimmen, schaffen aber alle den Sprung ins Parlament nicht.
Keine Koalition in Sicht
Trotz des guten Ergebnisses verfehlt die Nea Demokratia aufgrund der Umstellung der Sitzverteilung die absolute Mehrheit um gerade mal fünf Sitze. Jahrzehntelang galt das Mehrheitswahlrecht, mit Bonussitzen für die stärkste Partei. Nun fand diese Wahl nach Verhältniswahlrecht statt, wodurch Bonusmandate wegfallen. Für eine Regierungsbildung bräuchte es also zwingend Koalitionen, doch diese sind in der politischen Mentalität des Landes nicht verankert.
Kyriakos Mitsotakis wird sich nach diesem guten Ergebnis nicht auf Koalitionsverhandlungen oder irgendwelche Kompromisse einlassen. Syriza wiederum bräuchte gleich mehrere Koalitionspartner: die sozialdemokratische Pasok-Kinal, die Kommunistische Partei KKE und die rechte «griechische Lösung». Die Kommunistische Partei hat aber erneut versichert, lieber in der Opposition zu bleiben, als Teil einer Koalitionsregierung zu werden. Eine parteiübergreifende Regierungsbildung ist somit so gut wie ausgeschlossen.
Mitsotakis gestärkt für Neuwahlen
Die Parteipräsidenten haben jetzt jeweils maximal drei Tage Zeit für Sondierungsgespräche. Wenn nichts dabei herausschaut – was im Moment das wahrscheinlichste Szenario ist –, wird das Parlament aufgelöst und es gibt in wenigen Wochen Neuwahlen.
In zehn Tagen werden die Griechinnen und Griechen also definitiv Bescheid wissen, ob sie Ende Juni/Anfang Juli nochmal an die Urne aufgefordert werden. Bis dahin leitet ein oberster Richter oder eine oberste Richterin die Geschicke des Landes als interimistischer Ministerpräsident oder interimistische Ministerpräsidentin in der Übergangsregierung.
Dank seines klaren Wahlsieges steigt Mitsotakis gestärkt in diesen zweiten Wahlgang, denn dieser findet wieder nach altem Mehrheitswahlrecht statt. Die neue Sitzverteilung garantiert ihm somit nicht nur Bonusmandate, sondern auch eine solide Mehrheit im Parlament.