An der Wahlkampfveranstaltung von Prabowo Subianto wummern die Bässe durchs Stadium. Der 72-Jährige tanzt auf der Bühne den Tanz, der ihn in den letzten Monaten bei vielen jungen Wählerinnen und Wählern populär gemacht hat: holprig und mit ernster Miene. «Er ist süss. Sogar sehr süss», sagt Linda, eine Studentin im Publikum.
Kenner der Suharto-Diktatur, die bis 1998 andauerte, graut es bei so einer Aussage. Prabowo, ein Mann des Militärs, werden während dieser Zeit Menschenrechtsverletzungen zugeschrieben. Für die 60 Prozent der 204 Millionen Wählerinnen und Wähler in Indonesien, die unter 40 Jahre alt sind, ist das lange her. Für diese Wahl hat er sich erfolgreich als «niedlicher Opa» neu verkauft.
Prabowo ist der Favorit für die Wahl am Mittwoch. Die Frage ist, ob er mehr als 50 Prozent der Stimmen erhält. Sonst gäbe es einen zweiten Wahlgang. So oder so: seinen Vorsprung verdankt er der Unterstützung des amtierenden Präsidenten Joko Widodo, genannt Jokowi. Eigentlich sollten sich Präsidenten in Indonesien nicht in den Wahlkampf einmischen dürfen. Für viele ist das ein Skandal, der die Wahl überschattet.
Jokowis Sohn, Gibran Rakabuming Raka, tritt neben Prabowo für das Amt des Vizepräsidenten an. Dafür ist er mit 36 Jahren eigentlich zu jung. Das Verfassungsgericht hat aber im letzten Jahr das Mindestalter von 40 Jahren auf 35 gesenkt. Offensichtlich auf Geheiss des Vaters, um dem Sohn eine Kandidatur zu ermöglichen.
Damit will er sicherstellen, weiterhin Einfluss zu haben. Denn nach zehn Jahren im Amt muss Joko Widodo abtreten. Kritiker vermuten, dass er um die Weiterführung seines grossen Infrastrukturprojekts, den Bau der neuen Hauptstadt Nusantara, fürchtet.
Eine junge Demokratie
«Indonesien ist zwar theoretisch eine demokratische Republik», sagt Ikrar Nusa Bhati, Politologe im Ruhestand, «aber die Menschen glauben immer noch, in einem Königreich zu leben». Der amtierende Präsident sei machthungrig und an einer politischen Dynastie interessiert. Ausgerechnet er, allseits beliebt und ursprünglich ein politischer Aussenseiter, der von ganz unten kam.
Diese Wahl ist ein Test, den Indonesien bestehen muss.
Das Land ist gemäss verschiedenen Studien, wie dem Demokratieindex V-Dem-Projekt, unter Jokowis Präsidentschaft deutlich undemokratischer geworden.
Die Demokratie in Indonesien ist jung. «Wir sind immer in der Lernkurve», sagt der Politologe Philips Vermonte, «diese Wahl ist ein Test, den Indonesien bestehen muss». Auch ein Kompromiss sei am Ende möglich. «Sie sagen im Wahlkampf die übelsten Dinge, aber dann vergessen sie das, schütteln sich die Hände und teilen sich die Macht», sagt Vermonte.
Baswedan und Pranowo sind in Umfragen weniger beliebt
In Indonesien hätten Politiker oft das Ziel, alle zu integrieren. «Man will alle ins Boot holen, weil man Angst hat, dass sie einen sonst stürzen könnten», sagt er.
Die beiden Gegenkandidaten, Anies Baswedan und Ganjar Pranowo*, kommen in Umfragen nur je auf einen Fünftel der Stimmen. Anies verspricht Änderungen zur jetzigen Regierung, Ganjar Kontinuität. Inhaltlich unterscheiden sich alle drei Kampagnen kaum und fokussieren auf populistische Versprechen für die Bevölkerung.
*In einer ersten Version haben wir hier einen falschen Namen genannt. Wir bitten um Entschuldigung.