Österreichs ehemaliger Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat genügend Stimmen für einen Sitz im Europäischen Parlament erhalten. Das Bundesministerium des Innern hat die Zahlen der sogenannten Vorzugsstimmen bei der Europawahl publiziert. In Österreich können Bürger mit ihrer Stimme eine Partei wählen, aber auch zusätzlich mit einem ergänzenden Hinweis einen bestimmten Kandidaten unterstützen.
Strache hat mit 44’750 Stimmen die zweitmeisten Vorzugsstimmen innerhalb der FPÖ-Kandidaten bekommen. Er belegt damit den zweiten Rangplatz hinter dem FPÖ-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky mit 64'520 Stimmen. Auf der Wahlliste FPÖ stand Strache auf dem 42. und damit letzten Listenplatz.
Vorzugsstimmen in Österreich
Ab einer Schwelle von fünf Prozent aller Wählerstimmen für eine Partei werden Kandidaten aber auf der Liste noch vorne gereiht. Nach ihrem Wahlergebnis von 17.2 Prozent bei den Europawahlen hat die FPÖ Anspruch auf drei Mandate im Europäischen Parlament.
Nicht abschliessend entschieden
Strache hat sich noch nicht endgültig festgelegt, ob er sein Mandat annimmt. Laut der Zeitung «Der Standard» hatte er auf Facebook gepostet, dass er das Amt annehme, hat den Beitrag aber kurz darauf wieder gelöscht. Die FPÖ tendiert dazu, Strache zum Verzicht zu bewegen.
«Wenn er nichts tut, ist er Mitglied des Europaparlaments», heisst es bei der Bundeswahlbehörde in Wien. Am 12. Juni wird durch die Behörde das endgültige Ergebnis in Österreich festgestellt. Strache könnte bis dahin oder auch noch später seinen Verzicht erklären. Mitte Juni werden die insgesamt 18 Abgeordneten Österreichs dem Europaparlament gemeldet. Das Parlament konstituiert sich dann am 2. Juli.
Am 17. Mai veröffentlichten «Der Spiegel» und die «Süddeutsche Zeitung» ein Video von 2017, das Strache im Gespräch mit einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte zeigt. Er stellt dabei unter anderem Staatsaufträge für finanzielle Wahlkampfhilfe zugunsten der FPÖ in Aussicht. Dabei spekuliert Strache auch über die vorteilhaften Folgen eines Kaufs der einflussreichen «Kronen Zeitung» durch die Investorin.
Das Video führte nicht nur zu seinem Rücktritt, sondern auch zum Ende der Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ und schliesslich zur Absetzung von Bundeskanzler Sebastian Kurz.