In Frankreich versanken die traditionellen Parteien in der Bedeutungslosigkeit. In Deutschland verlor die SPD ihren Status als grosse Volkspartei. In Italien kommen und gehen Parteien sowieso. Nur eine Partei scheint auch schwerste Stürme zu überstehen: die Nea Dimokratia – die griechischen Konservativen.
Mitsotakis stammt aus Politiker-Dynastie
Unter ihrem vergleichsweise jungen Parteichef Kyriakos Mitsotakis haben die griechischen Konservativen das Kunststück geschafft, sich als frische Alternative zu präsentieren. Obschon die Nea Dimokratia das Land zusammen mit der sozialistischen Pasok während Jahrzehnten regiert und in die Krise geführt hatte. Auf dem Höhepunkt dieser Krise, nach 2009, drohte der «Grexit», der Austritt aus der EU.
Kyriakos Mitsotakis studierte an US-Elite-Universitäten, war Banker in London und später Minister. Ihm trauen es viele Griechinnen und Griechen zu, das Land vor allem wirtschaftlich zu erneuern. Dem neuen Premierminister wird helfen, dass er aus einer bestens vernetzten Familie stammt. Sein Ur-Onkel war schon Regierungschef wie auch sein Vater. Seine Schwester war Aussenministern und seit kurzem ist sein Neffe Stadtpräsident von Athen.
Tsipras versprach zu viel
Der Sieg der Nea Dimokratia lässt sich auch mit der Schwäche der Gegner erklären. Der geschlagene Premier Alexis Tsipras und seine linke Syriza hatten vor vier Jahren viel zu viel versprochen. Tsipras und Syriza hatten in den beiden Wahlkämpfen des Jahres 2015 den Eindruck erweckt, sie könnten den Sparkurs tatsächlich beenden.
Tatsächlich forderten Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis die Geldgeber, die den harten Sparkurs erzwungen hatten, heraus. Doch es war vergeblich. Varoufakis trat 2015 zurück und Tsipras setzte schliesslich weitere Sparvorgaben um. Griechenland ächzt noch heute unter einer riesigen Schuldenlast. Einem Grossteil der Bevölkerung geht es nicht besser. Löhne und Renten bleiben tief.
Hohe Erwartungen an neue Regierung
Geschadet hat Tsipras aber auch der Namensstreit mit dem Nachbarland Nordmazedonien. Athen und Skopje einigten sich auf einen Kompromiss, der äusserst wertvoll ist, weil er den Südbalkan stabilisiert. Doch das Zugeständnis an den Nachbarstaat, die Bezeichnung «Mazedonien» im Namen zu tragen, stösst in Griechenland noch immer auf breite Ablehnung.
Trotzdem: Dieses Problem hat Tsipras dem neuen Premier Mitsotakis aus dem Weg geräumt. Andere muss dieser nun selbst angehen. Mitsotakis hat im Wahlkampf weniger versprochen als Syriza vor vier Jahren. Das wird ihm helfen. Trotzdem sind die Erwartungen hoch: Viele Griechinnen und Griechen hoffen darauf, ihren Gürtel endlich nicht mehr so eng schnallen zu müssen.