Die schweren Waldbrände in nächster Umgebung der griechischen Hauptstadt Athen haben laut offiziellen Angaben mindestens 70 Menschenleben gefordert. Es ist die tödlichste Waldbrandsaison seit über einem Jahrzehnt. Nach den Feuersbrünsten der Nacht entspanne sich die Lage örtlich allmählich, sagt ARD-Korrespondent Michael Lehmann.
SRF News: Wie ist die Lage nach den verheerenden Bränden?
Michael Lehmann: Es gab in den letzten Stunden eine Entwarnung für die Feuerbrunst rund 40 Kilometer westlich von Athen, zwischen Athen und Korinth. Dort konnten die Feuer schon früh am Morgen weitgehend unter Kontrolle gebracht werden. Das ist die gute Nachricht. Im zweiten grossen Brandgebiet genau auf der gegenüberliegenden Seite östlich von Athen gab es dagegen viele Tote, deren Zahl vermutlich im Laufe des Tages weiter ansteigen wird.
Welche Region ist besonders betroffen?
Verheerende Folgen hatten die Flammen vor allem nahe der bei Touristen beliebten Hafenstadt Rafina. Es entstanden immer wieder neue Brandherde, und die Menschen wie auch die Feuerwehr konnten die Dramatik offenbar zuerst gar nicht richtig erkennen. Wie sich die Feuer im städtischen Gebiet um Rafina derart stark entwickeln konnten, wird wohl erst in einigen Tagen klar werden.
Über 20 Menschen konnten nahe Rafina nur noch tot geborgen werden. Sie waren in einer Taverne von den Flammen eingeschlossen worden, nachdem sich die Lage dramatisch schnell zugespitzt hatte. Unter den Opfern ist auch eine Mutter mit zwei Kindern. Ob zu spät gewarnt wurde, ist unklar. Die letzten Jahre zeigten, dass die Feuer bei diesen heissen und trockenen Bedingungen unberechenbar sind.
Können die Brände mit vereinten Kräften jetzt eingedämmt werden?
Im Westen der Hauptstadt konnten die Feuer schneller als gedacht unter Kontrolle gebracht werden. Heute ist zum Glück im Gegensatz zu gestern fast windstill. Seit dem Morgen fliegen Flugzeuge und Helikopter intensiv. Die jetzt noch lodernden Feuer sind von der Küste nicht allzu weit entfernt. Man hat ausreichend Wasser. Dort könnte es bereits in den nächsten Stunden klappen, die Kontrolle zu erlangen. Dann wird sich die genaue Zahl der Opfer und Schäden zeigen.
Griechenland ist solche Szenen leider gewohnt und hat sich ein Stück weit daran gewöhnen müssen. An vielen Orten brechen jedes Jahr Feuer aus und hinterlassen Verwüstung. Nach ein paar Wochen haben die Menschen das schon fast wieder vergessen. Mit der anhaltenden Trockenheit muss aber damit gerechnet werden, dass nach lokalen Gewittern und Niederschlägen sich an anderen Stellen Ähnliches jederzeit wieder ereignen kann.
Griechenland ist solche Szenen leider gewohnt und hat sich ein Stück weit daran gewöhnen müssen.
Griechenland hat um auswärtige Hilfe ersucht. Ist das Land überfordert?
Griechenland hat die EU um Hilfe gebeten. Was die eigenen Möglichkeiten betrifft, so hat es in den letzten Jahren durchaus Investitionen im Bereich Feuerwehr gegeben. Es sind auch Scouts unterwegs, die auf Posten gehen und beobachten. Aber das Land ist gross und zerklüftet. Man kann nicht überall jemanden aufstellen.
Auch läuft es regional sehr unterschiedlich. Sicher ist in vielen Bereichen die Infrastruktur noch verheerend schlecht ausgestattet. Zwar gibt es auf manchen Inseln viele Wasserhydranten, doch in anderen Gegenden muss Wasser mühsam herangefahren werden. Die Hilfe der EU ist entsprechend immer wieder wichtig. Zypern reagiert jeweils sehr schnell und auch Spanien hat bereits Hilfe auf den Weg geschickt.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.