Ungläubig stehen mein Kameramann und ich zwischen ausgebrannten Autos und Wohnhäusern. Wir hatten zwar zuvor erste Bilder am Fernsehen gesehen.
Doch der Eindruck vor Ort ist noch dramatischer als erwartet. «Apokalyptisch» – ein Wort, das hier vielen auf der Zunge liegt. Der Boden ist schwarz. Die Sonne dringt nur schwach durch den Rauch.
Menschen sind kaum unterwegs. Die meisten Anwohner haben noch keinen Zugang zur Stadt. Such-Experten in weissen Gewändern und mit dicken Masken durchkämmen die Ruinen nach sterblichen Überresten von Menschen und Haustieren.
Auch der hochrangige Feuerwehrmann, mit dem wir ins Gespräch kommen, scheint überwältigt. Er hat schon einiges erlebt, aber noch nie eine Zerstörung in diesem Ausmass.
Seine Einheit ist mehrere Stunden angereist, um die völlig überforderten lokalen Behörden zu unterstützen. Bilder dürfen wir von ihm keine machen. Denn er dürfte eigentlich nicht mit uns reden, ohne Einwilligung des Pressesprechers. Und doch ist er kaum zu bremsen. Man redet miteinander, um das Leben zu spüren in dieser toten, unheimlichen Stadt.
Rund 15'000 Gebäude hat das Feuer zerstört. Von der Stadt ist kaum etwas übrig. Tausende Menschen leben in Notunterkünften, in Hotels oder bei Freunden oder Verwandten.
Doch was kommt danach?
Chuck Pfenning informiert sich an einer Tafel über die neusten Behörden-Informationen. Seit dem Feuer lebt er auf einem improvisierten Zeltplatz in der Stadt Chico, etwa eine halbe Stunde entfernt. 45 Jahre lang lebte Chuck in Paradise.
Es ist seine Heimat, doch eine Zukunft sieht er dort nicht: «Es ist nichts mehr da, keine Tankstelle, kein Lebensmittelladen, keinerlei Infrastruktur.» Und seine Kollegin Charmaine Pope ergänzt: «Es ist sicher nicht mehr gesund dort. Der Boden und die Luft sind sicher verseucht.»
Nach Katastrophen zeigen die Amerikaner meist einen trotzigen Optimismus. Es werde alles wieder aufgebaut, schöner und besser als je zuvor. Doch diesmal hören wir ungewöhnlich viel Pessimismus.
Zum Beispiel Marta Shaffer, High-School-Lehrerin. «Es wird noch schlimmer werden», sagt sie. Die Brände in der Gegend seien in den letzten Jahren häufiger und grösser geworden, wegen des Klimawandels. Ihre Schülerin Jackie (17) pflichtet ihr bei. Jackie ist in Paradise aufgewachsen. Wie es für sie und ihre Familie weitergeht, weiss sie nicht.
Dann drückt bei Lehrerin Marta doch noch vorsichtiger US-Optimismus durch. Die Stadt sei nicht ganz verloren und werde wohl wieder aufgebaut. Aber es werde lange Zeit dauern, viel länger als die meisten Betroffenen zurzeit vermuten würden.
Und auf die Waldbrände könnten ab Mittwoch auch noch Überschwemmungen und Erdrutsche folgen. Lange hat man hier auf Regen gehofft, nun droht er so heftig einzutreffen, dass die Behörden Unwetterwarnungen herausgeben. Der Wiederaufbau von Paradise muss warten.