Ein heisser Wind weht durch das Outback. Abgesehen von den Küstenstreifen ist Australien mehrheitlich trockene Wüste – mit so wenig Niederschlägen wie kein anderer bewohnter Kontinent. Jahrelange Dürreperioden gehören zum natürlichen Ablauf, nicht nur im isolierten Inland. Wegen der Klimaerwärmung werden sie aber immer länger, immer heisser, immer extremer.
Verschwendung des knappen Wassers
Trotzdem, sagen Expertinnen, gehe kaum ein anderes Industrieland so verschwenderisch mit Wasser um wie Australien. Und dem riesigen Einzugsgebiet der Flüsse Darling und Murray im Südosten des Landes – der eigentlichen Lebensader des Kontinents – droht der ökologische Kollaps, weil kaum noch Wasser fliesst. Immense Baumwollfarmen stromaufwärts pumpen seit Jahren Milliarden Liter aus dem Flusssystem.
«Das ist alles ganz legal», sagt Polly Hemming. Sie ist Klima- und Wasserexpertin bei der Denkfabrik Australia Institute. Es sei absurd, im trockenen Australien einige der durstigsten Pflanzenarten überhaupt anzubauen.
Die Plantagen würden nur wenig Ertrag abwerfen und wenig dazu beitragen, die Bevölkerung zu ernähren. Versprechen der Regierung, den Plantagen den Endloshahn zuzudrehen, bleiben bis heute genau das: ein Versprechen.
Grundwasser fürs Fracking anzapfen
Mindestens so fahrlässig geht Australien mit seinem Grundwasser um. Im Northern Territory beginnt in Kürze eine Bergbaufirma mit einem grossen Fracking-Projekt. Trotz Protesten von Bauern und Ureinwohnerinnen wird dabei mit hohem Druck Wasser, das mit giftigen Chemikalien vermischt wurde, in tiefe Gesteinsschichten gepumpt, um aus ihnen Erdgas zu lösen.
Überall ist Fracking verurteilt worden, weil es das Grundwasser vergiftet und den Wasserspiegel senkt.
«Auf der ganzen Welt ist Fracking verurteilt worden, weil es nicht nur das Grundwasser vergiftet, sondern auch den Wasserspiegel senkt», betont Hemming. Immer mehr Länder haben deshalb ein Moratorium verhängt oder verbieten Fracking. Nicht so Australien.
Obwohl Grundwasser wegen der globalen Klimaerwärmung eine immer wichtigere Rolle spielt für das Überleben ganzer Gemeinden, erlauben Politikerinnen seine Ausbeutung. Eigentlich dürfte die Bergbauindustrie über 100 Jahre nur 20 Prozent der Wasserressourcen ausbeuten. Im Northern Territory sind es 80 Prozent.
Die Industrie setzt sich durch
Für die zuständige Ministerpräsidentin Natascha Fields sind Bedenken über die Gefährdung der Grundwasserreserven zweitrangig, wie sie jüngst an einer Pressekonferenz klarmachte. Es gehe um wirtschaftliches Wachstum, um Arbeitsplätze. «Die Zeit ist gekommen, um die Energie zu liefern, die der Welt den Übergang zu erneuerbaren Energien ermöglicht», sagte sie.
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Damit wiederholt die Politikerin eins zu eins die Argumente der Industrie: Obwohl Klimatologen den sofortigen Stopp des Abbaus fossiler Brennstoffe fordern, weil nur so der Klimakollaps aufgehalten werden könne, behauptet die Industrie, Kohle und Gas würden noch Jahrzehnte gebraucht, bis erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind übernehmen könnten.
Laut Fachleuten stimmt das nicht. Die enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft bestimme nicht nur massgeblich den Umgang mit der Umwelt, mit Wasser, sie sei das Fundament der politischen Kultur in Australien, so die Expertin Polly Hemming. Und das, obwohl Politiker und Politikerinnen damit eigentlich komplett gegen die Interessen der Bevölkerung handeln würden.