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Weg frei für Neuwahlen Bundestag entzieht Scholz das Vertrauen

  • Der deutsche Bundestag hat Kanzler Olaf Scholz das Vertrauen entzogen.
  • An der Sondersitzung im Parlament hat dieser das absolute Mehr an Abgeordnetenstimmen klar verfehlt.
  • Umgehend hat Scholz bei Bundespräsident Steinmeier die Auflösung des Parlaments beantragt.
  • Damit ist der Weg frei für Neuwahlen voraussichtlich am 23. Februar.

Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten 207 von 733 Abgeordneten für Scholz, 394 gegen ihn, und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von mindestens 367 Stimmen deutlich.

Olaf Scholz nachdenklich
Legende: Wollte sich nicht mit einer Minderheitsregierung bis zum regulären Wahltermin Ende September durchhangeln und hat darum die Vertrauensfrage gestellt: Kanzler Scholz. Keystone/Hannibal Hanschke

Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Auflösung des Parlaments zustimmen wird, gilt als ausgemacht. Steinmeier bleiben für den Schritt drei Wochen.

Scholz führt Geschäfte vorerst weiter

Neuwahlen müssen dann innerhalb von 60 Tagen stattfinden – wobei sich SPD, Grüne und die Oppositionsparteien CDU und CSU schon auf den 23. Februar als realistischen Wahltermin geeinigt haben.

Es war das sechste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass der Bundestag über die Vertrauensfrage abstimmte. Scholz ist als geschäftsführender Kanzler so lange im Amt, bis eine neue Regierung vereidigt wird.

Koalition im Streit um Schuldenbremse zerbrochen

Scholz hatte seit Anfang November keine Mehrheit mehr im Parlament, seit dem Bruch der Ampel-Regierung bestehend aus SPD, Grünen und FDP.

Grund für den Bruch am 6. November war ein Streit um die Schuldenbremse. Scholz hatte damals Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner entlassen. Lindner hatte sich gegen eine Aussetzung der Schuldenbremse gewehrt.

Erneuter Schlagabtausch zwischen Scholz und Lindner

In seiner heutigen Bundestagsrede kritisierte Scholz, es habe eine «wochenlange Sabotage der eigenen Regierung durch die Freien Demokraten» gegeben. «In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife.»

Lindner kritisierte dagegen Scholz' Wirtschaftspolitik. Insbesondere die vorgeschlagene Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sei unnötig. Ein solcher Schritt koste Milliarden Euro, sichere oder schaffe aber keinen Arbeitsplatz. «Der Prinz Karneval darf am Rosenmontag Kamellen verteilen, aber die Bundesrepublik Deutschland darf so nicht regiert werden», sagte der FDP-Chef.

Auch CDU/CSU-Fraktionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz feuerte eine Breitseite auf den Kanzler ab. Dessen Attacke auf Lindner nannte er eine «blanke Unverschämtheit». Weiter warf er Scholz vor, das Land in einer der grössten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte zu hinterlassen und auf EU-Ebene versagt zu haben. «Sie blamieren Deutschland», sagte Merz. Und es sei «zum Fremdschämen», wie der Kanzler sich in der Europäischen Union bewege.

SRF 4 News, 16.12.2024, 14 Uhr ; 

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