Für die Pandemie-Resistenz der Rüstungsindustrie sehen die Stockholmer Friedensforscher von Sipri mehrere Gründe. Zum einen sind Rüstungsbeschaffungen langfristige Geschäfte – sie laufen oft über Jahrzehnte. Kurzfristige Entwicklungen oder Krisen spielen keine zentrale Rolle. Zum andern unterstützen etliche Länder ihre Waffenschmieden mit vorgezogenen Zahlungen und Beschaffungen. Der Hauptgrund aber ist, dass die Welt nach wie vor konfliktbeladen ist. Sipri-Direktor Dan Smith sah 2020 «kaum einen Corona-Effekt bei bewaffneten Konflikten».
Das heisst zugleich, dass der inständige und mehrfach wiederholte Appell von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wenig Widerhall fand, überall die Waffen ruhen zu lassen, damit sich die Welt auf den wichtigsten Kampf, jenen gegen das Virus, konzentrieren könne. Gerade zwischen Ländern, die sich schon zuvor feindlich gegenüberstanden, verschärften sich die Gegensätze sogar mancherorts, sagt Smith.
US-Rüstungsriesen profitieren
Von der weiterhin hohen Nachfrage nach Waffen profitierten nicht zuletzt die mit mehr als fünfzig Prozent Weltmarktanteil dominierenden US-Rüstungsriesen. Zulegen konnten auch die chinesischen und die britischen. Rückgänge verzeichnete Frankreichs und Russlands Rüstungssektor.
Die ersten fünf Plätze der Sipri-Rangliste belegen US-Firmen wie Lockheed-Martin, Raytheon oder Boeing. Doch in den Top Ten finden sich nun auch drei chinesische Konzerne: Norinco, Avic und CETC.
Der Weltmarktanteil der grössten hundert chinesischen Waffenschmieden wird bereits mit dreizehn Prozent beziffert, ist stark steigend und dürfte gar deutlich unterschätzt werden. Beim Sipri geht man von einer beträchtlichen Dunkelziffer aus, weil chinesische Firmen weiterhin wenig Transparenz bieten. Hingegen ist die Schweizer Ruag diesmal aus den ersten hundert Rüstungsherstellern herausgeflogen, wie schon früher die Pilatus-Werke.
Gehören Google und Microsoft bald dazu?
Die Sipri-Expertinnen und Experten rechnen damit, dass schon sehr bald auch Konzerne wie Google oder Microsoft Einzug halten unter den grössten Rüstungsanbietern. Die klassischen Waffenschmieden dürften sich also künftig die Gelder aus den staatlichen Rüstungsetats mit Tech-Firmen teilen müssen. Diese entwickeln künstliche Intelligenz – und gerade die Nachfrage dafür steigt im Verteidigungsbereich enorm, etwa für den Bau sogenannter «Killerroboter».