Es scheint Eile geboten bei der CDU. Die Partei befinde sich in der grössten Krise ihrer Geschichte, sagte heute Gesundheitsminister Jens Spahn. Er selbst stellt sein Ego hinten an und kandidiert nicht für den Parteivorsitz. Stattdessen unterstützt er Armin Laschet, der ihn zu seinem Vize machen würde, sollte er gewählt werden.
Offene Konkurrenz ist angesagt
Kurzfristig gaben die beiden am Morgen eine Medienkonferenz, direkt vor dem bereits angekündigten Auftritt von Rivale Friedrich Merz. Der hatte davon keine Ahnung und bemerkte etwas beleidigt, «im wahren Leben» würde man dies als «Kartellbildung» bezeichnen. Mit dem «wahren Leben» meinte Merz die Wirtschaft, wie er später präzisierte.
Alleine die Art der Bekanntgabe der beiden Kandidaturen sagt einiges aus über den Zustand der Partei. Konsens scheint in weite Ferne gerückt, offene Konkurrenz um die künftige Ausrichtung der Partei ist angesagt.
«Ich spiele auf Sieg»
Strategisch hat sich Laschet, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, einen entscheidenden Vorteil verschafft. In Zeiten, wo sich die CDU öffentlich selbst zerlegt, führungs- und orientierungslos von einem Rückschlag zum nächsten stolpert, beweist er Teamfähigkeit. Laschet schafft es, den Konkurrenten Jens Spahn einzubinden und macht damit den konservativen Kräften in der Partei ein Angebot.
Friedrich Merz wirkt dagegen, als ginge es ihm nur um die eigene Macht. «Ich spiele auf Sieg, nicht auf Platz.» Gut, dass er es noch mal gesagt hat. Merz versteht sich als «Erneuerer», der den «Aufbruch» verkörpere.
Der Unterschätzte und der Erlöser
Am 25. April haben die Delegierten der CDU also die Wahl zwischen drei Männern, alle aus dem gleichen Bundesland Nordrhein-Westfalen: Der dortige Ministerpräsident Armin Laschet (mit Jens Spahn als Sozius) ist kein Mann der lauten Worte und gilt vielen als eine männliche Merkel, der gerne unterschätzt wird.
Friedrich Merz hatte seit fast 20 Jahren kein offizielles Mandat mehr und scheint immer nur dann aufzutauchen, wenn die Kanzlerschaft winkt. Er will «die AfD halbieren» und wird von manchen Konservativen in der Partei und von der Jungen Union gefeiert wie ein Erlöser. Vor gut einem Jahr unterlag er gegen Kramp-Karrenbauer, weil er «eine schlechte Rede gehalten» habe, wie Merz sagt.
CDU vor grossen Herausforderungen
Und dann ist da noch Norbert Röttgen, der vergangene Woche als Erster seinen Hut in den Ring warf und völlig überraschend seine Kandidatur bekannt gab. Als Bundesumweltminister setzte er Anfang der 2000er-Jahre Akzente, forderte beispielsweise noch vor der Kanzlerin den Atomausstieg. Eine verlorene Wahl in seinem Bundesland kostete ihn später das Ministeramt.
Egal, wer das Rennen macht: Die Herausforderungen für die CDU sind gross. Die Partei verliert seit geraumer Zeit Wählerinnen und Wähler. Sie tut sich schwer im Umgang mit der AfD, vor allem in den Bundesländern und in den Kommunen. Und die Kanzlerin hält an der Macht fest und beschneidet so diejenige des Parteivorsitzenden. Fast erstaunlich, dass den Job des Parteivorsitzenden unter diesen Umständen überhaupt drei Leute wollten
«Tagesschau» 19:30 Uhr; 25.02.2020; morr; kurn