Wenn Radio und TV Fussballresultate vermelden und Zeitungen Match-Telegramme und Tabellen veröffentlichen, dann handelt es sich selbstverständlich um die Resultate der Männer-Meisterschaft. Das muss gar nicht betont werden, weil es der Normalfall ist. Wenn es hingegen um Frauenspiele geht, wird dies ausdrücklich erwähnt.
Auch in vielen anderen Sportarten ist dies so; Ausnahmen wie Skisport oder Tennis bestätigen bloss die Regel. Das zeigt sich auch jetzt wieder, bei der Frauenfussball-WM. Sie steht medial weit weniger im Scheinwerferlicht, als wenn die Männer um den Titel spielen.
Mehr Sichtbarkeit für die Frauen im Sport: Das fordert die Winterthurer Fussballerin und frischgebackene SP-Kantonsrätin Sarah Akanji zusammen mit weiteren Parteimitgliedern mit einer Petition. Sie wollen mehr WM-Spiele am TV. «Sportlerinnen haben die gleiche Wertschätzung verdient wie Sportler.» Es sei wichtig, dass der Frauenfussball sichtbar werde.
25 Spiele bei SRF zu sehen
Susan Schwaller, Sport-Chefredaktorin bei SRF, will auf die Petition nicht direkt eingehen. Sie betont aber, dass für SRF der Frauenfussball und die Frauenfussball-WM wichtig seien: «SRF überträgt 25 von 52 Spielen live oder via Livestream. Das sind mehr Livespiele denn je», betont Schwaller.
Frauenfussball-WM bei SRF
Freilich, am TV zu sehen sind bloss das Eröffnungsspiel, die Halbfinals und der Final. Die restlichen Spiele gibt es nur als unkommentierten Online-Livestream. Das ist weit weniger attraktiv als eine Fernseh-Übertragung mit Kommentar, Studiogästen und weiteren Zusatzangeboten, wie sie bei den Männern üblich sind.
Schweizerinnen nicht an der WM
Dass SRF nur vier Spiele im TV zeigt, das liege in erster Linie daran, dass die Schweiz diesmal nicht an der WM dabei sei, betont Schwaller. Vor zwei Jahren sassen fast eine halbe Million Menschen vor dem TV, als die Schweizerinnen an der EM gegen Frankreich um den Einzug in den Viertelfinal spielten.
Ohne die Schweizerinnen an der WM rechnet SRF jetzt mit weniger Publikumsinteresse. Dieses Argument überzeugt Akanji nicht: «Je mehr die Spiele in den Medien gezeigt werden, desto grösser wird das Interesse.»
Spezialfall England?
Mehr Sichtbarkeit mache eine Sportart auch für Sponsoren attraktiver und trage damit zu ihrer Entwicklung bei, ergänzt Meret Wälti, die beim Frauen-Team der Berner Young Boys spielt: «Es ist eine Wechselwirkung. In England zum Beispiel gibt es viele Sponsoren und Leute, die sich dafür einsetzen.»
Englands Frauenteam ist in der Tat im Welt-Fussballranking auf dem dritten Platz und zählt zum Favoritenkreis an der WM. Und im Männerfussball schlugen englische Teams in dieser Saison erst recht zu und sicherten sich alle vier Finalplätze in der Champions League und in der Europa League.
Sichtbarkeit ist wichtig
Das ist sicher auch den rekordhohen Fernseh-Einnahmen zu verdanken, die sich für die englische Premier League in den letzten drei Spielzeiten auf jeweils rund 2.5 Milliarden Franken beliefen. Geld, mit dem sich die Klubs starke Spieler und renommierte Trainer einkaufen konnten. Geld aber auch für den Ausbau der Infrastruktur und für die Nachwuchsarbeit und damit für die Stärkung der Vereine und der Liga.
Immerhin: Meret Wälti und Sarah Akanji haben verschiedene Lokale in Bern und in Winterthur davon überzeugt, auch für die Frauen-WM Public Viewings durchzuführen und so den Frauenfussball etwas sichtbarer zu machen.