- In China ist das neuartige Corona-Virus noch immer das alles beherrschende Thema.
- Städte und Landstriche mit Dutzenden von Millionen Einwohnern stehen de facto unter Quarantäne. Chinas Wirtschaft rechnet mit hohen Einbussen.
- Der machtbewusste Präsident Xi Jinping steht angesichts der Virus-Krise vor einer riesigen Herausforderung.
Das chinesische Fernsehen zeigt Präsident Xi Jinping in einem Pekinger Wohnviertel. Xi trägt einen Mundschutz, locker plaudert er mit Anwohnerinnen und Anwohnern und spricht ihnen gleichzeitig Mut zu. Die Bilder sollen zeigen: Die Führung ist nah bei den Menschen und lässt sie in dieser schwierigen Zeit nicht im Stich.
Dabei blieb der Präsident während Wochen im Hintergrund, so reiste er nicht nach Wuhan – ins Zentrum der Krise, sondern schickte stattdessen Premierminister Li Keqiang vor. Es schien, als wolle Präsident Xi erst abwarten und beobachten.
Nicht ohne Grund: Die Virus-Krise sei Xis bisher grösste Herausforderung, sagt der Politologe Wu Qiang in Peking. Wu gehört zu den kritischen Stimmen in China.
Doch auch Wu äussert sich vorsichtig, wenn es um Präsident Xi geht. «Er kann die Verantwortung nicht auf andere abschieben, der ständige Ausschuss des Politbüros kann nicht die Gesamtverantwortung übernehmen. Denn: Wie wir alle wissen, gibt es das System der kollektiven Führung nicht mehr.»
Das Risiko der Allmacht
Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Xi alle Macht zunehmend bei sich konzentriert. Doch Xis totale Kontrolle bringt nicht nur Vorteile. Wenn etwas schiefläuft, erhöht sich auch das Risiko, dass das auf ihn zurückgeführt wird.
Man hört die zunehmende Unzufriedenheit der Menschen.
Der Ärger und die Wut der Menschen entluden sich zuerst über der Lokalregierung in Wuhan und über Hubeis Provinzregierung. Die offiziellen Medien lassen dies zu – wohl um zu verhindern, dass die Menschen auch die chinesische Führung verantwortlich machen – und damit auch Präsident Xi.
Epidemie zeigt Probleme des Systems auf
Kritik an der Führung oder gar am System an sich ist in den offiziellen Medien Tabu. Wu sagt, er könne deshalb nur von seinen persönlichen Eindrücken sprechen: «Ob bei Klatsch und Tratsch in den Strassen und Gassen, oder wenn sich die Menschen zum Essen treffen, ob Parteikader oder gewöhnliche Bürger, man hört die zunehmende Unzufriedenheit der Menschen.»
Wie lange die Virus-Krise anhalten wird, lässt sich noch nicht sagen. Für Politologe Wu zeigt die Epidemie aber schon jetzt die Probleme des autoritären Systems in China auf.