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Zensur bei Facebook? Zuckerberg kritisiert Biden-Regierung scharf

Meta-Chef Mark Zuckerberg sagt, dass Facebook während der Corona-Pandemie unter Druck gesetzt wurde, Inhalte zu löschen.

Darum geht es: In einem Interview mit dem Podcaster Joe Rogan behauptete Meta-Chef Mark Zuckerberg, von der Biden-Regierung massiv unter Druck gesetzt worden zu sein, Inhalte über das Coronavirus zu löschen. Dabei sei es vor allem um humorvolle oder wahrheitsgemässe Aussagen über den Covid-Impfstoff gegangen. «Sie haben uns im Grunde gedrängt und gesagt: Alles, was besagt, dass Impfstoffe Nebenwirkungen haben könnten, müsst ihr löschen.» Wer aus der Regierung diese Forderungen aufgestellt habe, konnte Zuckerberg nicht sagen. Er sei nicht direkt in die Gespräche involviert gewesen. Facebook habe sich wiederholt geweigert, den Aufforderungen Folge zu leisten. Daraufhin hätten Regierungsbehörden begonnen Untersuchungen gegen Meta einzuleiten. «Es war brutal», sagte Zuckerberg.

Einschätzung von USA-Korrespondentin Viviane Manz

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Frau im blauen Blazer vor urbanem Hintergrund.
Legende: SRF

«Im Nachhinein gibt es in den USA schon länger heftige Diskussionen, ob Medien und soziale Medien der Regierung zu weit entgegen gekommen sind. Diese Aufarbeitung ist legitim. Aber wichtig ist auch die Erinnerung, wie ernst die Situation war: Am Anfang der Pandemie, ohne verfügbare Impfung, mussten in New York Leichen in Kühllastern gelagert werden, Spitäler waren komplett überlastet. Gerade in den USA haben viele Menschen Vorerkrankungen oder Übergewicht, die sie zu Risikopatienten machten. Über eine Million Menschen in den USA sind seither an Covid gestorben.

Was genau in Zuckerbergs Kopf vorgeht, ist schwer zu wissen. Doch was sich durchzieht ist, dass das Wachstum seiner Firma seine Priorität ist. Deswegen wird er unter anderem auch stark kritisiert von Schulen und Eltern, die sagen, Meta tue zu wenig gegen schädliche Inhalte für Jugendliche, im Dienste des Profits.

Unter der Trump-Regierung ist Faktencheck nicht mehr gefragt. Von daher ist es für Zuckerberg eine Chance, diese schwierige, undankbare Aufgabe loszuwerden. Facebook sollte von Anfang an kein traditionelles journalistisches Medium sein, das den Anspruch hat, Fakten zu nennen und Fehlinformationen oder Verschwörungstheorien zu benennen. Oder wie Zuckerberg jetzt sagt: Er sei von Anfang an besorgt gewesen, eine Art Richter darüber zu werden, was wahr sei in der Welt. Wahr oder falsch – alles soll gehen. Doch die Gefahr ist, dass viele Nutzerinnen und Nutzer letztlich aufgeben, nicht mehr wissen, was sie glauben sollen oder niemandem mehr trauen. Eine gefährliche Ausgangslage für eine Demokratie.»

Die genauen Vorwürfe: Zu Beginn der Pandemie habe er der Regierung und den Gesundheitsbehörden vertraut, erzählte Zuckerberg dem Moderator. Mit der Zeit, sei es aber schwieriger geworden, mitzuhalten, vor allem als das Impfprogramm eingeführt wurde. «Dann haben sie versucht, jeden zu zensieren, der dagegen war», sagte der Meta-Chef. «Leute aus Bidens Regierung riefen unsere Teams an und schrien sie an», erzählte Zuckerberg. Als Facebook sich geweigert habe, Inhalte zu zensieren, sei der öffentliche Druck immer grösser geworden. Die Biden-Administration habe Memes, die das Narrativ der Regierung über die Pandemie infrage stellten, als potenziell gefährlich eingestuft. Dies mit der Begründung, sie könnten «Menschen töten», so Zuckerberg. So sollte Facebook beispielsweise ein Meme mit Leonardo DiCaprio löschen, das auf humorvolle Weise auf eine zukünftige Werbung über Covid-Impfungen anspielte.

Person mit Kopfhörern spricht in Mikrofon.
Legende: Meta-Chef Mark Zuckerberg im Interview mit dem Podcaster Joe Rogan. Youtube/ PowerfulJRE

Änderungen bei Meta: Zuckerberg erzählte diese Vorkommnisse, nachdem er letzte Woche angekündigt hatte, dass sein Konzern die Zusammenarbeit mit Faktencheck-Teams in den USA einstellen werde. Künftig sollen Nutzende selbst irreführende Aussagen als solche kennzeichnen – ein ähnliches System, welches bereits bei X existiert. Damit soll die freie Meinungsäusserung auf seinen Plattformen wiederhergestellt werden, so Zuckerberg. Auch sollen Inhaltsrichtlinien vereinfacht werden und etliche Beschränkungen bei Themen wie Migration und Geschlechterfragen aufgehoben werden, da diese laut Zuckerberg «nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung» stünden. Zudem sollen die Moderationsteams von Kalifornien nach Texas verlegt werden, um «die Wahrnehmung von Befangenheit zu reduzieren».

Einschätzung von SRF-Digital-Experte Guido Berger

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Mann mit Bart und Brille vor weissem Hintergrund.
Legende: SRF

«Unabhängig davon, wie genau die Biden-Regierung Meta unter Druck gesetzt haben soll: Auch andere (beispielsweise die Türkei oder die EU) versuchen aus unterschiedlichen Gründen, die Art und Weise zu beeinflussen, wie Inhalte auf Meta-Plattformen verbreitet werden. Doch das Moderieren der Inhaltsflut auf sozialen Medien hat schlicht noch nie gut funktioniert. Es gelingt bis jetzt keiner grossen Plattform, transparente Regeln konsequent und gerecht anzuwenden. Stattdessen herrschen Willkür und Fehler.

Es ist offensichtlich, dass Zuckerberg mit den angekündigten Änderungen der Moderation auf Meta-Plattformen Männern wie Donald Trump und Elon Musk nach dem Mund redet. Unter der neuen US-Regierung hätte der Druck auf Meta wohl deutlich zugenommen. Hätte Meta versucht, diesem Druck standzuhalten, hätte das Unternehmen viel stärkere Argumente benötigt, um das bestehende System der Moderation als funktionstüchtig zu verteidigen. Dass Meta und andere Plattformen nun endgültig aufgeben und sich der ungeliebten Aufgabe der Moderation entledigen, ist auch ein Eingeständnis, dass diese Aufgabe vielleicht nicht lösbar ist.»

Beziehung zu Trump: Beobachter sehen in den angekündigten Änderungen von Mark Zuckerberg eine Reaktion auf den bevorstehenden Regierungswechsel in den USA. Die republikanische Partei kritisiert Meta seit Jahren für dessen Moderationspolitik. Donald Trump bezeichnete Facebook im Wahlkampf als «Feind des Volkes» und kritisierte Zuckerberg scharf. Es könnte ein Versuch sein, das belastete Verhältnis zu Trump zu verbessern. Wie Meta bekannt gab, plant der Konzern gemeinsam mit Trump, «gegen Regierungen weltweit» vorzugehen, «die amerikanische Unternehmen angreifen und darauf drängen, mehr zu zensieren» – auch in Europa. Der Meta-Chef soll sich bereits am Freitag mit Trump auf dessen Anwesen Mar-a-Lago in Florida getroffen haben, wie der US-Sender CNN berichtete.

10vor10, 07.01.2025, 21:50 Uhr ; 

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