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Zu grosse Population Nepal hat zu viele Tiger und will sie jetzt verschenken

Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Population der Tiger fast verdreifacht, auf insgesamt 355. Doch Dutzende Menschen wurden bereits durch Tiger-Angriffe getötet. Nepals Premierminister Sharma Oli findet: 150 Grosskatzen sind genug. Die anderen will er im Ausland verschenken.

Tiger – laut, schön und weltweit auf dem Rückzug. Die Grosskatzen gehören zu den am stärksten bedrohten Wildtieren überhaupt. Das war auch in Nepal nicht anders. Bis die Regierung ein länderübergreifendes Tiger-Schutzprogramm so erfolgreich umsetzte, dass sich der Bestand in den letzten zehn Jahren fast verdreifacht hat: Wälder wurden aufgeforstet, neue Schutzgebiete eingerichtet, Soldaten abgestellt, um die Tiere zu bewachen.

Doch nicht alle sind glücklich über diesen Ausnahme-Erfolg. Die Tiger würden zu gut geschützt, findet Thakur Bhandari, Chef der Vereinigung kommunaler Waldnutzer in Nepal.

Dass es wieder mehr Tiger gebe, sei zwar gut für die Biodiversität, sagt der Nepalese; aber in den Wäldern, in denen Tiger lebten, wohnten auch viele arme Leute, die dort Früchte und Holz sammelten und Landwirtschaft betrieben. Diese Menschen und ihre Tiere lebten in ständiger Gefahr, von Tigern angegriffen und getötet zu werden, weil die Regierung den grossen Tiger-Bestand nicht im Griff habe.

Mensch und Tiger konkurrieren um Lebensraum

Nach offiziellen Angaben der für Nationalparks und Wildtiere zuständigen Behörde kamen in den vergangenen sechs Jahren knapp 70 Menschen in Nepal durch Tiger-Angriffe ums Leben.

Nepals Premierminister Sharma Oli schlug kürzlich eine unkonventionelle Lösung vor: Nepal könne die Tiger doch ins Ausland verschenken, sagte er. Einige Menschen hielten sich Falken als Haustiere. Warum nicht auch Tiger? 150 der Tiere seien genug für Nepal.

Tiger im Wald spazierend.
Legende: Die Tiger-Population in Nepal hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht auf insgesamt 355 Tiere. IMAGO/ ZUMA Press Wire

Der renommierte Tiger-Experte Ullas Karanth hat eine klare Meinung zum Auslandsexport der Grosskatzen: «Das ist eine absurde Idee.» Allein im US-Bundesstaat Texas gäbe es bereits bis zu 10'000 Tiger in Privatbesitz – weit mehr als weltweit in freier Wildbahn. Viele gefangene Tiger seien in miserablem Zustand. Die Idee, nepalesische Tiger an Privatleute im Ausland zu verschenken oder zu verkaufen, löse das Problem sicher nicht.

Viel sinnvoller wäre es, meint der Biologe, wenn die nepalesische Regierung den Lebensraum für Tiger deutlich ausweiten – und die Menschen von ihnen fernhalten würde.

Frau und Kind posieren in Global Tiger Day 2023 Rahmen, Mann macht Foto.
Legende: Die nepalesische Regierung hat aufgrund der bedrohten Raubkatze ein Tiger-Schutzprogramm eingeführt, das die Population wieder stark ansteigen liess. IMAGO / Xinhua

Wo es Tiger gebe, sollten Menschen nicht ihr Vieh weiden lassen oder Kinder in den Wald gehen. Falls ein Tiger trotzdem Vieh töte, müssten die Bauern entschädigt werden. Und falls ein Mensch umkomme, müsste der Tiger sofort getötet werden.

Beide Ideen stossen auf Widerstand. Premier Oli will den Waldbestand lieber reduzieren, von derzeit 44 auf 30 Prozent der Fläche, statt ihn auszudehnen. Umweltschützer vermuten, dass Wald und Tiger Infrastrukturprojekten weichen sollen.

Problem-Tiger gehören abgeschossen

Auch der Abschuss der seltenen Tiere ist umstritten. Die nepalesische Behörde für Nationalparks und Wildtiere hat Problem-Tiger bisher eingesperrt. Allerdings seien Zoos schon jetzt überfordert, heisst es in einem Bericht der Behörde, die sich auf schriftliche Anfrage von SRF nicht äussern wollte.

Auch Biologe Ullas Karanth findet: Zoos seien nicht der richtige Ort für Problem-Tiger. Zumindest in Südasien würden Tiger von vielen Zoos wie Sardinen gehalten.

Darum: besser abschiessen, wenn sie Menschen in Gefahr brächten. Emotionen seien da fehl am Platz, sagt der Wissenschaftler.

Echo der Zeit, 19.2.2025, 18 Uhr;stal

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