Zum 10. Jahrestag - Germanwings-Absturz: der Wert der mentalen Gesundheit im Cockpit
Am 24. März 2015 starben 150 Menschen bei der Germanwings-Tragödie in den französischen Alpen, als der psychisch kranke Co-Pilot absichtlich das Flugzeug zum Absturz brachte. Welche Wichtigkeit wird dem Thema mentale Gesundheit im Cockpit nach diesem Unglück beigemessen? Das sagen die Experten.
Sebastian Ebert ist Fliegerarzt. In seiner Praxis führt er die obligatorischen regelmässigen Checks für Cockpit- und Kabinencrews durch und erteilt die medizinischen Lizenzen. Der Germanwings-Fall hatte direkte Auswirkungen auf diese Untersuchungen.
Das passierte am 24. März 2015
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Der Flug 9525 war ein Linienflug der deutschen Fluggesellschaft Germanwings von Barcelona nach Düsseldorf. Am 24. März 2015 zerschellte das Flugzeug an den Westalpen im südfranzösischen Département Alpes-de-Haute-Provence. Alle 150 Insassen kamen dabei ums Leben.
Aus dem Abschlussbericht der französischen Untersuchungsbehörde für Flugunfälle geht hervor, dass der Co-Pilot das Flugzeug absichtlich zum Absturz brachte. Der 27-Jährige war am Tag des Absturzes wegen psychischer Störungen krankgeschrieben, was er seinem Arbeitgeber verschwieg. Er nahm Antidepressiva und Schlafmittel.
Als der Kapitän während des Fluges das Cockpit verliess, verriegelte der Co-Pilot die Tür von innen. Der Kapitän versuchte nur noch vergeblich, ins Cockpit zu gelangen. Wenige Minuten später prallte die Maschine in ein Bergmassiv der französischen Alpen.
Seit dem Absturz im 2015 gibt es einen Fragebogen, der die mentale Gesundheit abfragt. So soll eine Dokumentation gewährleistet sein. Zudem muss die Pilotin oder der Pilot den Fragebogen unterschreiben. Vorher wurde die mentale Gesundheit lediglich anhand eines persönlichen Gesprächs geprüft.
Legende:
Ein Tag nach der Tragödie: Ein Such- und Rettungshelfer an der Absturzstelle des in den französischen Alpen abgestürzten Germanwings-Airbus A320. (25.3.2015)
Keystone / Guillaume Horcajuelo
21 Fragen müssen auf einer Skala von «stimme völlig zu» bis «stimme gar nicht zu» mit Kreuzchen beantwortet werden. Darunter etwa: «Ich hatte in letzter Zeit häufig starken Stress», «Ich habe Schuldgefühle, wenn ich Alkohol getrunken habe», «Meine finanzielle Situation ist angespannt» oder «Ich schlafe leicht ein».
Der Nutzen dieses Tests ist aber umstritten. Wer psychische Probleme verschleiern wolle, wähle die Antworten einfach so, dass keine Fragen auftauchten, sagen kritische Stimmen.
So einfach sei es jedoch nicht, sagt Fliegerarzt Ebert. «Es ist immer die Kombination zwischen dem ausgefüllten Formular und dem sich präsentierenden Piloten.» Auch die Körpersprache spiele dabei eine Rolle.
Christoph Regli ist Leiter des Studiengangs Aviatik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und aktiver Linienpilot. Er muss den Fragebogen regelmässig ausfüllen.
Die Pilotin oder der Pilot muss vor jedem Flug entscheiden, ob man ‹unfit to fly› oder ‹fit to fly› ist.
Es sei nicht so, dass man bei einem Kreuz am falschen Ort sofort untauglich geschrieben werde, sondern im Gespräch werde auf diese Kreuzchen eingegangen. «Die Pilotin, der Pilot muss vor jedem Flug entscheiden, ob man ‹unfit to fly› oder ‹fit to fly› ist.»
Einer Person wird Lizenz ganz entzogen
Von rund 4500 Berufspilotinnen und -piloten in der Schweiz verlieren pro Jahr wegen psychischer Probleme drei bis vier ihre medizinische Lizenz temporär, höchstens einer Person wird sie ganz entzogen.
Berufspilotinnen und Berufspiloten sind sich bewusst, dass psychische Erkrankungen auftreten können.
Der mentalen Gesundheit werde in der Luftfahrt heutzutage eine grössere Bedeutung beigemessen, sagen sowohl der Pilot als auch der Fliegerarzt. «Ich selbst habe gemerkt, dass sich die Berufspilotinnen und Berufspiloten bewusst sind, dass psychische Erkrankungen auftreten können.»
Erleichtertes Melderecht in der Schweiz
Hat ein Arzt oder eine Psychologin Zweifel an der Tauglichkeit eines Besatzungsmitglieds, dürfen sie seit 2021 die Luftfahrtbehörden direkt informieren, ohne dass sie sich zuerst von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden lassen müssen.
Die Gedenkveranstaltungen zum 10. Jahrestag
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Legende:
Nordrhein-Westfalen, Haltern am See: Kränze stehen auf der Grab- und Gedenkstätte für die Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine vor zehn Jahren. Unter den 150 Insassen waren 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen des Halterner Gymnasiums.
Keystone / Rolf Vennenbernd
Le Vernet (Alpes-de-Haute-Provence), Frankreich:
Viele Familienangehörige der Absturzopfer sind zum Jahrestag gemeinsam nach Le Vernet in der Nähe des Absturzortes in den französischen Alpen gereist. Es ist für viele weiterhin der Ort, an dem sie sich den Verstorbenen am nächsten fühlen.
Bei einer Gedenkfeier für die engsten Angehörigen kamen mehr als 300 Menschen zusammen. Hinterbliebene gestalteten die Trauerfeier mit, erinnerten mit persönlichen Worten an die Verstorbenen, widmeten ihnen musikalische Beiträge.
Anschliessend machten sich zahlreiche Hinterbliebene zu Fuss auf den Weg zu der abgelegenen Absturzstelle. Dort erinnert eine fünf Meter grosse Sonnenkugel an die Opfer. Sie besteht aus 149 vergoldeten Elementen – der Co-Pilot wurde bewusst nicht berücksichtigt.
Haltern am See, Deutschland:
Unter den Verstorbenen waren 16 Jugendliche und zwei Lehrerinnen des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern am See. Sie waren damals auf dem Rückweg von einem Austausch mit der spanischen Partnerschule. Auf dem Schulhof kamen deshalb zum Jahrestag mehrere Hundert Menschen zusammen. Um 10:41 Uhr wurde es ganz still auf dem Schulhof und in der gesamten Stadt. Es ist die Zeit, zu der vor zehn Jahren die Germanwings-Maschine abstürzte.
Das Gedenken ist für das Gymnasium seither jedes Jahr wichtig. «Wir wollen denen, die bis heute unendlich traurig sind, nahe sein», sagt der Schulleiter Christian Kahl.
Auf dem städtischen Friedhof von Haltern, wo ein symbolisches Klassenzimmer an die Gruppe erinnert und einige der Jugendlichen begraben liegen, wurden am Jahrestag Kränze niedergelegt.
Dieses erleichterte Melderecht haben Bundesrat und Parlament als Reaktion auf den Germanwings-Absturz eingeführt. Denn keiner der behandelnden Ärzte hatte damals die Behörden informiert. Mutmasslich wegen der ärztlichen Schweigepflicht.
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