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Bulgariens Kampf gegen die Korruption
Aus Rendez-vous vom 06.06.2024. Bild: Keystone/Vassil Donev
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Zusammenarbeit mit dem Staat Schweiz kämpft in Bulgarien gegen die Korruption

In Bulgarien durchdringt Korruption den Alltag. Mit Geld vom Schweizer Staat versucht das Basel Institute on Governance Auswege zu finden. Es arbeitet unter schwierigen Bedingungen mit Bulgariens Mächtigen zusammen.

Vor einiger Zeit hatten viele Bulgarinnen und Bulgaren derart genug von der Korruption im Land, dass sie eine neue Partei wählten, die es ernst meinte mit deren Beseitigung. Kaum regierten die Neuen mit, holten sie sich Hilfe aus der Schweiz: Das Basel Institute on Governance kam nach Bulgarien. Es ist bekannt für sein Wissen im Kampf gegen Korruption. 

Renne Traicova vom Basel Institute erklärt: «Wir konzentrieren uns darauf, Recht und Gesetz gegen Korruption zu verfeinern.» Das Basel Institute berät die Regierung zu Fragen wie: Was sollte eine Anti-Korruptions-Kommission dürfen? Wie vergibt man wichtige Posten oder staatliche Aufträge fair?

Keine Zusammenarbeit mit dem Staat

Boni Bonev ist Unternehmer und Präsident der schweizerisch-bulgarischen Handelskammer. Sein Unternehmen baut Wasserkraftwerke in Chile, Vietnam und in Bulgarien. Hier jedoch nie im Auftrag des Staats. Zu intransparent, zu korrupt seien die staatlichen Ausschreibungen. Da werde alles auf die Firma zugeschnitten, die von Anfang an als Gewinner vorgesehen sei.  

Mitte-Rechts-Bündnis gewinnt Parlamentswahl

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Das bis März mitregierende prowestliche Bündnis Gerb-SDS hat erwartungsgemäss die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag klar gewonnen. Das Mitte-Rechts-Bündnis mit dem einstigen Ministerpräsidenten Boiko Borissow an der Spitze erhielt 24.68 Prozent der Stimmen, wie die Zentrale Wahlkommission (ZIK) nach Auszählung von 99.3 Prozent der Stimmen mitteilte. Damit schnitt Gerb-SDS als mit Abstand stärkste politische Kraft ab. Das Bündnis kann aber mangels absoluter Mehrheit nicht allein regieren.

Überraschend landete die als Bewegung für Rechte und Freiheiten der türkischen Minderheit gegründete DPS den Angaben zufolge mit 17.04 Prozent auf dem zweiten Platz.

Das bis März zusammen mit Gerb-SDS regierende liberal-konservative Bündnis PP-DB wurde mit 14.39 drittstärkste Kraft. Trotz Reformversprechen verlor das Bündnis massiv Wählerstimmen. Die prorussische, populistische und EU-skeptische Wasraschdane (Wiedergeburt) schnitt mit 13.77 Prozent als viertstärkste Kraft ab.

Bonev sagt, für ihn sei es eine Frage der Moral, da nicht mitzumachen. Das Basel Institute hilft dem bulgarischen Staat, Ausschreibungen neutral zu formulieren, Zuschläge fair zu vergeben. Das wirke, so Bonev. Gewisse Spielarten der Korruption seien bis vor kurzem noch möglich gewesen, jetzt aber nicht mehr. Offensichtlich Korrupte hätten den Staatsapparat, die Gerichte verlassen. 

Perfekte Gesetze reichen nicht 

Entscheidender als die Gesetze seien die Menschen, sagt Nikolaj Denkow. Er war bis vor kurzem Regierungschef Bulgariens für jene Partei, die es ernst meint mit dem Ende der Korruption. Denkow hat mit dem Basel Institute zusammengearbeitet. «Wir können die perfekten Gesetze haben. Wenn der Staat keine kompetenten, moralisch integren Leute einstellt, die sich nicht bloss ihren Parteien und politischen Zieheltern verpflichtet fühlen, kommen wir nicht weiter.»  

Bulgarische Banknote.
Legende: Bestechung und Vetternwirtschaft: Bulgarien gilt als korruptestes Land der Europäischen Union. Getty Images/Jasper Juinen/Symbolbild

In Bulgarien wird fast jeder Job in Staatsnähe nach politischen oder persönlichen Vorlieben vergeben. Der Kollege des Bürgermeisters oder die Cousine des Stadtrats bekommt den Job, nicht die geeignetste Person. Das Basel Institute hat vorgeschlagen, Anwärter und Anwärterinnen für Jobs beim Staat von neutralen Fachleuten nominieren zu lassen. Erst aus dieser Vorauswahl soll dann jemand gekürt werden.  

Der Widerstand der Korrupten 

Es wirkt jedoch so, als hätten die alteingesessenen Parteien keine Lust auf ein Land ohne Korruption. Anders ist schwer zu erklären, warum in den letzten drei Jahren fünf Regierungen zerbrochen sind. Warum die Partei nicht mehr an der Macht ist, die es ernst meint mit dem Ende der Korruption.

Traicova widerspricht: «Alle fünf Regierungen, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben, haben gezeigt, dass sie übergeordnete Ziele erreichen wollen, nämlich vollwertige EU-Mitgliedschaft, auch im Schengen-Raum und der Eurozone.» Dafür brauche es auch einen stärkeren Rechtsstaat und Reformen für weniger Korruption. «Solange Bulgarien auf dem euro-atlantischen Weg ist, bin ich überzeugt, dass die Anti-Korruptions-Reformen weitergehen werden.» 

Am Sonntag hat Bulgarien zum sechsten Mal innerhalb von drei Jahren gewählt. Und es sieht so aus, als würden die alten, als korrupt geltenden Kräfte zurückkommen an die Macht.

sarah.nowotny@srf.ch;kesm

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