Jubel bis tief in die Nacht bei Anhängerinnen und Anhängern von Recep Tayyip Erdogan. Hier in Istanbul genauso wie im Rest des Landes, und besonders in den Vorstädten der Metropolen und in der konservativen anatolischen Provinz, wo der türkische Präsident seine treuesten Gefolgsleute hat.
Schon bevor die Wahlbehörde das vorläufige Ergebnis zu seinen Gunsten bekannt gegeben hatte, zeigte sich der Staatspräsident in Istanbul in Siegerpose. Gegen Mitternacht trat Erdogan dann beim Präsidentenpalast in der Hauptstadt Ankara vor die Menge.
Solidarität und Einheit fürs Land
Niemand habe verloren. Die ganze Türkei habe gewonnen. Erdogan rief das Land zur Solidarität und Einheit auf. Es sei Zeit, die Konflikte beiseitezulegen.
Der 69-jährige versprach, weiter in die Stärke und Unabhängigkeit der Türkei zu investieren. Die Herausforderungen werden gewaltig. Die Türkei steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, mit Kaufkraftverlust und Währungszerfall. In den Erdbebengebieten müssen die Folgen der Katastrophe bewältigt werden.
Darauf wird Erdogan Antworten finden müssen nach den zwei Jahrzehnten, in welchen er die Türkei bereits ununterbrochen regiert hat. Er begann als konservativer Reformer gegen die säkularen Eliten und Generäle, welche die moderne, sogenannt kemalistische Türkei seit ihrer Gründung 1923 dominiert hatten.
Doch er ging zunehmend härter gegen politische Gegner vor. Und nach dem versuchten Militärputsch von 2016 setzte Erdogan eine neue Verfassung durch, die ihm als Staatspräsident eine enorme Machtfülle gibt. Dagegen versuchte die Opposition in dieser Wahl anzukämpfen, vergebens.
«Unfairster Wahlkampf seit Jahren»
Herausforderer Kemal Kilicdaroglu gab letzte Nacht ebenfalls in Ankara eine kurze Erklärung ab. Der Wahlkampf sei der unfairste seit Jahren gewesen.
Seine Niederlage gestand Kilicdaroglu allerdings nur indirekt ein. Andere Mitglieder des Oppositionsbündnisses wurden deutlicher. So Meral Aksener, die Chefin der nationalistischen Iyi-Partei, die Kilicdarglu unterstützt hatte. Sie gratulierte Erdogan ausdrücklich zum Sieg.
Vor zwei Wochen hatte Erdogans Partei AKP bei der Wahl bereits die Mehrheit der Sitze im Parlament gewonnen. Allerdings nur gemeinsam mit ihrem wichtigsten Bündnispartner, der ultranationalistischen Partei MHP.