Zwar gewann schliesslich der Republikaner Brian Kemp gegen die schwarze Bürgerrechtsaktivistin Stacey Abrams, aber die Afroamerikaner im Südstaat sind nachhaltig mobilisiert.
Das Wahlkampfmaterial der unterlegenen Demokratin Stacey Abrams wird entsorgt. Fast wäre es ihr gelungen, die erste afroamerikanische Gouverneurin zu werden – in einem traditionell konservativen Staat.
Selten hat eine Kandidatin die Afroamerikaner so begeistert, ihre Wahlbeteiligung erreichte 70 Prozent. «Astronomisch» sei das, sagt der Bürgerrechtsanwalt Gerald Griggs aus Atlanta.
«Es war eine gestohlene Wahl», sagt Griggs. «Wenn man ein Drittel der Wähler von den Registrierungslisten streicht, Neuregistrierungen aufs Eis legt, Wahlmaschinen unbenützt lässt und zugleich Wahllokale schliesst, dann ist das ein extremer Angriff auf die Demokratie.» Wiederholt griffen die Gerichte in den Wahlprozess ein und zwangen die Behörden zu Korrekturen bei der Auszählung.
Trotzdem gewann Brian Kemp mit einem Abstand von 50’000 Stimmen. Er steht im Zentrum der Kritik, weil er als bisheriger Staatssekretär die Oberaufsicht über die Wahlen behielt.
Der konservative Anwalt Alex Johnson, und Präsident der Aktivistengruppe Georgia Republican Assembly, weist den Vorwurf der Wahlmanipulation von sich.
Er sieht politisches Kalkül: «Die Demokraten wollen einfach Wahlen gewinnen, es geht ihnen nicht um die Wählerrechte.» In Georgia gebe es keinen Wahlbetrug. Eine offizielle Untersuchung der Wahlen gibt es bis jetzt nicht, deshalb steht Aussage gegen Aussage.
Gabe Okoye ist der Vorsitzende der demokratischen Partei von Gwinnett County. In diesem Bezirk sind hunderte von Stimmen fälschlicherweise für ungültig erklärt worden.
«Es war ein falsches Spiel», sagt Okoye, «aber der Wandel in Georgia ist nicht aufzuhalten, die Minderheiten sind in der Mehrheit.» In zwei Jahren werde Stacey Abrams in den Senat gewählt, ist er überzeugt.
Südwestlich davon liegt Walton County. Der Bezirk ist eine Bastion der Republikaner.
Hier sieht die Welt völlig anders aus – es ist eine ländliche, klassische Südstaatenwelt – mit Pfirsichplantagen und weidenden Kühen. Dort liegt auch das Landgut der Familie Roberts.
Im Wohnzimmer hängen Jagdtrophäen an der Wand, das Gewehr steht griffbereit im Glasschrank. Roy Roberts, Vorsitzender der republikanischen Partei in Walton County, kommt gleich zu Sache.
«Ich will nicht rassistisch klingen, aber die schwarze Bevölkerung ist verantwortlich für den Wandel. Bei uns ist er noch nicht angekommen, wir haben bloss 15 Prozent Schwarze hier. Unsere Nachbarsbezirke haben 60 Prozent, und die Schwarzen wählen zu 100 Prozent demokratisch», sagt Roberts. Zu den umstritten Midterms sagt er: «Die Demokraten sind einfach schlechte Verlierer.»
Zurück in Atlanta. Das New Georgia Project hat zum Ziel, möglichst viele Afroamerikaner zu mobilisieren – auch für die zweiten Wahlgänge am 4. Dezember. Dann wird der Nachfolger vom bisherigen Staatssekretär Brian Kemp gewählt, der für die Wahlen zukünftig zuständig sein wird.
«Es ist nicht ganz einfach, die Wähler im steigenden Festtagsfieber zu erreichen», sagt die Geschäftsführerin Nse Ufot.
Trotz Turkeyrausch und Vor-Weihnachtsshopping, Nse Ufot ist optimistisch: «Die Leute sind wütend. Die Wahlbeteiligung in Georgia wird hoch bleiben».