- Beim Jagdgesetz ist vor der Abstimmung am 27. September eine Pattsituation eingetreten.
- Laut der zweiten SRG-Umfrage sind 48 Prozent der Befragten gegen die Vorlage, 46 Prozent dafür.
- Links-grüne Kreise lehnen das Jagdgesetz klar ab – den Ausschlag könnten die Frauen und Städter geben.
Ein unschlüssiges Stimmvolk und ein Abstimmungskampf, der im Corona-Jahr nicht so richtig Fahrt aufnehmen wollte: Bei der ersten SRG-Umfrage vom August gaben 54 Prozent der Befragten an, für das Jagdgesetz stimmen zu wollen, 36 Prozent standen auf der Nein-Seite. Allerdings: Viele der Befragten waren noch unentschlossen.
Damals prognostizierte das Forschungsinstitut gfs.bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat: Kommt Pfeffer in die Debatte, könnte sich das Stimmungsbild noch wandeln. Und genau das ist nun geschehen.
In den letzten Wochen habe eine Emotionalisierung stattgefunden, erklärt Lukas Golder von gfs.bern: «Und bei einem Thema, das bewegt, wollen die Menschen auch inhaltlich begründen können, weshalb sie für die eine oder andere Seite sind.»
Die Wolfsdebatte ist in den Vordergrund der fünf Vorlagen gerückt, über die in anderthalb Wochen abgestimmt wird. Trotz schwergewichtiger Konkurrenz wie der sogenannten «Begrenzungsinitiative» und der Kampfjet-Beschaffung. Und die Politologen erkennen «einen eindeutigen Meinungsaufbau Richtung Nein.»
Abschüsse oder Schutzmassnahmen?
Wie zu erwarten, unterstützt die Stammwählerschaft von SP und Grünen die Position des Referendumskomitees aus Umweltschutzkreisen. Setzt sich der aktuelle Trend bis zum 27. September fort, könnte das Jagdgesetz letztlich nur noch bei der FDP- und SVP-Klientel eine Mehrheit finden.
Die Gegner des Jagdgesetzes dringen vor allem mit einem Argument durch: Es braucht nicht Abschüsse, sondern bessere Schutzmassnahmen, um dem Wolf zu begegnen. Die Ja-Seite punktet dagegen mit der «vorausschauenden Regulierung» der Wolfsbestände.
Eine Besonderheit der Vorlage: Frauen sind nun recht deutlich gegen das Gesetz, Männer unterstützen es. Neben dem Geschlechtergraben hat sich auch ein Generationengraben aufgetan. Rentnerinnen und Rentner wurden vom Nein-Trend bisher nicht erfasst; von den 18- bis 39-Jährigen will dagegen eine Mehrheit gegen das Jagdgesetz stimmen.
Weniger verwunderlich tendieren Städter verstärkt ins Nein-Lager. «Das anfängliche Vorurteil, dass Städter über die Jagd auf dem Land entscheiden könnten, ist nun recht dezidiert eingetreten», sagt Golder. Aber: Der Trend hat auch ländlichere Regionen und CVP-Wählerinnen und -Wähler erfasst. Auch bei ihnen sinkt die Zustimmung für die Vorlage.
Wollen die Befürworter das Ruder herumreissen, müssen sie die Deutungshoheit zurückgewinnen. Sollten sie es schaffen, die emotionale Debatte wieder etwas «einzufrieren», wie es Golder ausdrückt, könnte die Trendwende gelingen. Weite sich die Kritik der Gegner am «Abschussgesetz» aber weiter aus, dürfte die Vorlage scheitern.
Sollte das eintreffen, wäre das für den Politologen auch Ausdruck der wachsenden Bedeutung von GLP und Grünen, die gerade unter Jungen und Frauen Anklang finden. Somit könnte sich beim Jagdgesetz wiederholen, was sich schon bei den eidgenössischen Wahlen 2019 manifestierte: ein weiblich geprägter «Grünrutsch» – von dem nun der Wolf profitieren könnte.