Der Ständerat sagt mit klarer Mehrheit Ja zu Viola Amherds Sechs-Milliarden-Budget für neue Kampfjets und stützt so den Kurs der Verteidigungsministerin, die Beschaffung von Boden-Luft-Verteidigung und neuen Flugzeugen aufzutrennen. Der Entscheid der kleinen Kammer erscheint auf den ersten Blick positiver für Amherd, als er eigentlich ist.
Schon vor Amherds Amtsantritt Anfang des Jahres zeichnete sich deutlich ab, dass eine Mehrheit des Parlaments eine Aufschnürung des ursprünglichen Acht-Milliarden-Gesamtpakets für Boden-Luft-Raketen und Flugzeuge unterstützte. So war es dann keine echte Überraschung mehr, als Amherd im Frühling ankündigte, nur die sechs Milliarden für neue Kampfjets vors Volk bringen zu wollen.
Gegengeschäfte verteuern Kauf
Wirklich neu war aber ihr Plan, die bisher üblichen Gegengeschäfte im Rüstungsbereich deutlich zu reduzieren. Bisher wurden bei solchen Beschaffungen hundert Prozent der Kaufsumme in Form von Aufträgen an die Schweizer Industrie kompensiert. Doch diese Gegengeschäfte verteuern alles, warnte auch Kurt Grüter, der ehemalige Chef der eidgenössischen Finanzkontrolle, in einem Expertenbericht.
Da die neue Verteidigungsministerin aber grundsätzlich findet, sechs Steuermilliarden seien sehr viel, will sie das Geld möglichst zielgerichtet in Kampfjets und nicht in die Subventionierung der heimischen Industrie stecken. Sie wollte die Gegengeschäfte deshalb auf 60 Prozent der Kaufsumme reduzieren. So könnten mit dem gleichen Budget wahrscheinlich bis zu drei Kampfjets mehr gekauft werden.
Röstigraben bei den Kompensationen
Doch Viola Amherd rechnete nicht mit dem Lobbying der Westschweizer Industrie. Weil es nur wenig Rüstungsfirmen in der Romandie gibt, befürchten diese, bei weniger Gegengeschäften leer auszugehen. Ein Brief der Westschweizer Regierungskonferenz an die Ständeräte genügte: Selbst SP-Ständerat und Parteipräsident Christian Levrat, der eigentlich gegen den Kampfjetkredit ist, setzte sich für hundert Prozent Gegengeschäfte ein.
Und diese Gegengeschäfte sollen in grossem Umfang auch indirekt erfolgen: So sollen selbst Westschweizer Uhrenfirmen Aufträge erhalten, die nichts mit der eigentlichen Produktion der Kampfjets zu tun haben. Die Ständeräte gewichten die regionalpolitischen Interessen also ebenso hoch wie die Landesverteidigung – ein Lehrstück in Sachen Regionalpolitik.
Steilvorlage für die Kampfjet-Gegner?
Voraussichtlich Ende des nächsten Jahres wird das Volk über den Kampfjet-Kredit abstimmen, ein Referendum scheint sicher. Fallen nicht genug Gegengeschäfte für die Westschweiz und auch das Tessin ab, könnten sich zwei ganze Landesteile gegen die Erneuerung der Luftwaffe stemmen, so die Überlegung der Mehrheit im Ständerat.
Doch schweizweit betrachtet könnte auch das Gegenteil eintreten: Die Kompensations-Geschäfte könnten zum grössten Angriffspunkt werden. Denn selbst Pilatus-Chef Oskar Schwenk vermutet, dass die Kampfjet-Hersteller bei hundert Prozent Gegengeschäften gut eine Milliarde auf die Kaufsumme draufschlagen. Diese Rechnung ist möglicherweise eine Steilvorlage für die Kampfjet-Gegner.