Basel-Stadt führt als erster Deutschschweizer Kanton einen gesetzlichen Mindestlohn ein. Das ist keine Überraschung. Die Baslerinnen und Basler sagen häufig Ja zu sozialen Anliegen, in letzter Zeit beispielsweise zu verschiedenen Mieterschutz-Initiativen.
Kommt hinzu: Wenn ein Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative zur Abstimmung kommt, so wie nun beim Mindestlohn, interpretiert die Stimmbevölkerung dies als vernünftigen Kompromiss – und stimmt ihm meistens zu.
Das Leben in der Stadt ist teuer
Dass die Baslerinnen und Basler Ja sagen zum Mindestlohn, hat aber auch damit zu tun, was sie im Alltag erleben. Sie wissen, wie hoch die Krankenkassenprämien sind im Kanton. Schliesslich sind es die höchsten Prämien der Deutschschweiz.
Die Stimmbürger wissen auch, wie viel eine Wohnung in der Stadt kostet und wie viel man für einen Kaffee in einem schönen Restaurant bezahlt. Jeder Basler, jede Baslerin kann selber ausrechnen, dass 4000 Franken Lohn im Monat bei einem 100-Prozent-Job kein Luxus sind. Diese 4000 Franken garantieren nur den Mindestlohn.
Corona-Krise spielt eine wichtige Rolle
Gut möglich, dass am heutigen Abstimmungsresultat auch Corona einen Anteil hatte. Viele Leute haben in den letzten Monaten selber erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man wegen Kurzarbeit plötzlich weniger Geld im Portemonnaie hat.
Zeigen muss sich allerdings noch, ob jetzt – mitten in der Corona-Krise – nicht der falsche Moment ist, um einen Mindestlohn einzuführen. Denn das Geld ist nicht nur bei Arbeitnehmern knapp, sondern auch bei manchen Arbeitgeberinnen. Die Wirtschaftsverbände warnen: Das könnte dazu führen, dass Arbeitsplätze gestrichen werden – gerade für weniger gut qualifizierte Arbeitnehmer.
Wie sich der gesetzliche Mindestlohn letztlich auf die Arbeitsplätze im Kanton auswirkt, lässt sich jedoch erst in einigen Jahren beurteilen.