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Nach Enthüllung von Bericht Kommt Sars-CoV-2 doch aus dem Labor?

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hält es seit Jahren für wahrscheinlich, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor in Wuhan stammt. Zu diesem Schluss kam der BND bereits 2020 – in den ersten Wochen der Pandemie. Das wurde aber erst jetzt publik. Damit bekommt die «Corona-Laborthese» wieder Aufwind. China lehnt die Vorwürfe jedoch weiter ab. SRF-Wissenschaftsredaktorin Katharina Bochsler beantwortet die wichtigsten Fragen zum aktuellen Wissensstand.

Katharina Bochsler

SRF-Wissenschaftsredaktorin

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Katharina Bochsler arbeitet seit 2006 in der SRF-Wissenschaftsredaktion. Sie hat Psychologie und Germanistik studiert. Ihre Spezialgebiete sind Psychologie, Anthropologie, Ethik und Raumfahrt.

Wie sind diese Hinweise einzuschätzen? 

Es ergibt sich kein klares Bild aus dem Bericht, der unter Verschluss ist. Eine grosse Recherche der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» und der «Süddeutschen Zeitung» zeigt jetzt, dass der BND von einer 80- bis 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit ausgeht, dass das Virus aus einem chinesischen Labor kommt. Der BND hat keine Beweise, nur Indizien. Die Rechercheurinnen vermuten, dass die CIA aufgrund der Einschätzung des BND kürzlich einen kleinen Schwenker Richtung «Laborhypothese» gemacht hat – gemäss eigener Einschätzung aber mit «eher geringer Überzeugung».

Wie belastbar sind die Erkenntnisse?

Die Berichte des BND sind keine wissenschaftlichen Studien und die Geheimdienste sind keine wissenschaftlichen Behörden. Die Informationen sind nach wie vor lückenhaft. Sodass der Schluss, ob das Virus aus dem Labor oder aus der Natur stammt, nicht gezogen werden kann. Die Ermittler des BND sind nur Indizien nachgegangen. Ein solches Indiz ist beispielsweise, dass Sars-CoV-2 zu Beginn nicht die typische natürliche Entwicklung durchgemacht hat, wie Wissenschaftler sie bei Viren beobachten und erwarten.  

Hochpolitisches Thema

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China mauert nach wie vor. Das Land hat unabhängige Untersuchungen wie jene der WHO im Jahr 2020 behindert. Es kam schon früh die These auf, dass die Viren chinesischen Ursprungs seien. China hat sich mit Gegenthesen gewehrt: Das Virus sei von US-Soldaten 2019 nach China gebracht worden oder durch Tiefkühlprodukte aus dem Westen. 

Die Diskussion um den Ursprung des Coronavirus war von Beginn weg hochpolitisch. So war zum Beispiel das Virus für Donald Trump vor seiner Nichtwiederwahl 2020 ganz einfach das «Chinese Virus». Und China hat mit seiner intransparenten Informationspolitik nicht zur Klärung beigetragen.

Wie plausibel ist die sogenannte «Labor-These» aus wissenschaftlicher Sicht? 

Das lässt sich aufgrund mangelnder Hinweise nur indirekt beantworten. Die Mehrheit der Fachleute geht davon aus, dass das Sars-CoV-2 aus der freien Wildbahn kam und von Fledermäusen auf Wildtiere übertragen wurde. Danach ging das Virus von diesen Wildtieren auf dem Wildtiermarkt von Wuhan auf den Menschen über. Doch auch hier gibt es Zweifel: So betonte der deutsche Virologe Christian Drosten kürzlich in der «TAZ», dass die Beweise sowohl für einen natürlichen Ursprung wie für die Laborthese fehlen würden. Dabei könnte der Beweis für den natürlichen Ursprung erbracht werden. Die chinesischen Wissenschaftler hätten das Wissen und alle technischen Möglichkeiten dazu. Das mangelnde Interesse Chinas an Aufklärung wirkt nicht gerade entlastend. Das gilt aber tatsächlich für beide Thesen. China könnte Interesse daran haben, beide Ursprungsversionen zu verschleiern. Beides würde dem Ansehen Chinas schaden. 

Ist die Klärung «Natur oder Labor» aus wissenschaftlicher Sicht wichtig?

Man muss sich Gedanken machen über die Laborsicherheit: Wie sichern wir Labore, wo mit potenziell gefährlichen Organismen experimentiert wird? Fragen müsste man sich aber auch, welche Experimente überhaupt gewünscht sind. Im Institut im chinesischen Wuhan wurde das Erbgut von Viren verändert. Man hat neue Varianten, Kombinationen von Coronaviren hergestellt. Das waren Viren, die es in der Natur nicht gibt. Solche sogenannte «Gain-of-Function-Experimente» können dazu dienen, die Übertragbarkeit und Gefährlichkeit von Erregern zu testen und Infektionskrankheiten vorherzusagen, um Impfstoffe zu entwickeln. Aber diese vom Menschen kreierten Erreger können eben sehr gefährlich sein. Zudem ist die Gefahr von Missbrauch gross. 

SRF 4 News, 13.3.2025, 16:55 Uhr ; 

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