Die neue Notschlafstelle soll den ganzen Kanton abdecken. Und da ist eigentlich klar: Standort einer solchen Einrichtung müsste Lenzburg sein, die zentralste Stadt im ganzen Aargau. Ob Freiamt, Fricktal, West- oder Ostaargau – die Anreisewege sind immer etwa gleich lang.
Doch die Initianten der ersten Notschlafstelle haben Lenzburg nicht eine Sekunde lang ins Auge gefasst. Nur Baden eigne sich als Standort, sagen sie und haben dazu gute Gründe. Daniela Fleischmann ist Geschäftsführerin des privaten Sozialwerkes Hope und Co-Präsidentin des Vereins Notschlafstelle Baden.
Eine Notschlafstelle müsse eingebettet sein in andere soziale Strukturen. Nur von abends 19 Uhr bis morgens um 9 Uhr ein Dach über dem Kopf zu haben, reiche noch längst nicht. «In Baden können wir die Leute tagsüber auffangen. Wir vom Hope haben ein Restaurant, wir haben Tagesstrukturen. In Lenzburg können wir das nicht bieten und wir kennen auch keine andere Institution, die das könnte.»
Und könne man die Obdachlosen nicht auch tagsüber ansprechen und «vernetzen» – Daniela Fleischmann benutzt diesen Ausdruck häufig –, gebe es Probleme. «Die Leute halten sich dann vielleicht in der Stadtbibliothek auf und waschen dort im WC ihre Kleider. Oder sie verbringen ihre Zeit in Warenhäusern. Das geht nicht.»
Die Notschlafstelle in Baden geht am 1. September in Betrieb. Sie liegt mitten in der Altstadt, im Haus Obere Halde 23.
Im Haus werden drei 2er-Zimmer eingerichtet, die Notschlafstelle ist also für 6 Personen konzipiert. Mit flexiblen Betten kann man aber Platz schaffen für maximal 8 Obdachlose. Die Notschlafstelle ist von 19 bis 9 Uhr geöffnet. In der Nacht sind zwei Betreuungspersonen anwesend.
Was die Obdachlosen tagsüber tun, wissen die Verantwortlichen nicht. Sie verweisen auf ihre Tagesangebote und hoffen, dass sich rund um die Notschlafstelle – ein Spielplatz mit gedecktem Sitzplatz ist in unmittelbarer Nähe – keine Szene für Randständige bildet.
Man müsse noch viele Erfahrungen sammeln, sagt Daniela Fleischmann. Zu gross dürfe eine Notschlafstelle nicht sein: «Im Aargau gibt es nur kleine Städte. Das ist es schnell ein Problem, wenn sich Obdachlose konzentrieren. 50 Plätze könnte man niemals bewältigen. Wir müssen herausfinden, wie wir es gestalten müssen, damit es für den Aargau stimmt.»
Eine Notschlafstelle im Aargau ist also etwas ganz anders als ein Pfuusbus der Sozialwerke Sieber in Zürich oder die Notschlafstelle Rosengarten der Stadt Zürich, die von sehr vielen Menschen besucht werden.
Die direkten Anwohner der neuen Notschlafstelle in Baden waren diese Woche zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Insbesondere Fragen rund um die Sicherheit seien gestellt worden, sagen die Verantwortlichen.
Im Haus wird Rauchen erlaubt sein. Obdachlose haben sehr häufig psychische Probleme. Labile Menschen in einem alten Haus, in dem Rauchen erlaubt ist – da kommen Fragen zum Brandschutz auf. Da schaue man genau hin, sagt Daniela Fleischmann. Eine Sprinkleranlage brauche es nicht, aber man werde Brandschutztüren einbauen. Und alles, was aus Holz ist, müsse man abdecken mit feuerhemmendem Material.
Eine sehr wichtige Frage sei momentan noch offen, sagt der Trägerverein. Darf man in der Notschlafstelle Alkohol trinken und Drogen konsumieren? Die Verantwortlichen möchten es eigentlich nicht zulassen. Sie wissen aber, dass es dann auf der Gasse geschehen würde. Man sei daran, diese Frage zusammen mit der Drogenberatung und der Polizei zu klären.