Moses Aguer flitzt quer über den Platz, schnappt sich den Ball, dribbelt sich an einem Gegenspieler vorbei und wirft einen Korb. Der 27-Jährige sitzt dabei im Rollstuhl, denn 2013 hat er im Bürgerkrieg eine Kugel in den Rücken erhalten.
Südsudan ist nicht der beste Ort, um im Rollstuhl zu sitzen. Lediglich eine asphaltierte Strasse durchquert das Land. «Wir haben keine Rechte im Südsudan, doch Basketball gibt uns eine Perspektive, darum bin ich dabei», sagt Aguer.
Die Nachbarn staunen
Das erste Basketballteam von Südsudanesen wurde vor 20 Jahren in einem Flüchtlingslager gegründet. Heute sind es über hundert Spieler. Sie sind im Krieg verletzt worden, erlitten eine Kinderlähmung oder andere Krankheiten. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hilft mit Rollstühlen und bezahlt den Coach.
Meine Nachbarn staunten. Sie fragten mich: Wie spielst du, warum spielst du überhaupt?
Am Spielfeldrand im kleinen Basketballstadion von Juba, der Hauptstadt Südsudans, stricken und jubeln einige Zuschauerinnen. Die meisten sind Teil des Frauenteams. Mary Hezekiah hat vor fünf Monaten mit Basketball begonnen. Ihr Umfeld war perplex: «Meine Nachbarn staunten. Sie fragten mich: Wie spielst du, warum spielst du überhaupt?»
Für Mary ist klar: Der Sport bringt ihr nicht bloss Fitness, sondern auch Selbstbewusstsein. «In unserer Gesellschaft glaubt man, Behinderte seien wertlos. Die Leute sehen nicht, was wir im Kopf haben, sie glauben wir könnten keinen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.»
Den Krieg vergessen
Menschen mit Behinderung haben in Afrika einen schweren Stand. Geistig Behinderte werden von ihrer Familie oft versteckt, weil sie in der Öffentlichkeit angegriffen werden könnten. Körperlich Behinderte müssen sich selbst weiterhelfen, weil es keine funktionierenden Sozialversicherungen gibt. Viele betteln am Strassenrand.
Wir sind ein Volk, ein Volk von Behinderten.
Doch die Rollstuhlfahrer leisten ihren Beitrag zum Südsudan. Auf dem Feld sind Spieler verschiedenster Ethnien – das Spiel lässt sie den langjährigen Bürgerkrieg vergessen. Im zerstrittenen Land ist das keine Selbstverständlichkeit. Verbandspräsident Kim Bany Joak erklärt: «Wir sind ein Volk, ein Volk von Behinderten.»
Auch wenn der Traum der Rollstuhlbasketballspieler von den Olympischen Spielen im Jahr 2020 noch nicht in Erfüllung gehen wird – gemeinsam sind sie stärker geworden.