Darum geht es: Wenn schwangere Frauen bei der Arbeit Pestiziden, Weichmachern oder Schwermetallen ausgesetzt sind, bekommen sie häufiger Söhne mit Fruchtbarkeitsproblemen. Genfer Forscherinnen und Forscher haben einen Zusammenhang zwischen den Berufen der Mütter und der Spermienqualität ihrer Söhne aufgezeigt. So sind Söhne von Bäuerinnen und Coiffeusen besonders betroffen. Die Tamedia-Zeitungen haben am Montag darüber berichtet.
So schlecht steht es um die Spermien von Schweizern: «Wir haben vor einigen Jahren die Spermienqualität von 3000 Rekruten untersucht. Und das Ergebnis war deutlich schlechter, als wir erwartet hatten», sagt Alfred Senn, Co-Autor der Studie. Demnach lagen bei fast zwei Drittel der untersuchten Männer das Volumen und die Spermienzahl pro Ejakulation unter den Normwerten der Weltgesundheitsorganisation WHO. Diese Werte haben Folgen für die Zeugungsfähigkeit. «Insgesamt hat die Spermienqualität der Schweizer Männer seit Beginn des 20. Jahrhunderts um etwa 50 Prozent abgenommen», hält Senn fest.
Insgesamt hat die Spermienqualität der Schweizer Männer seit Beginn des 20. Jahrhunderts um etwa 50 Prozent abgenommen.
Das sind die Gründe für den Rückgang der Spermienqualität: Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Senn. Umwelteinflüsse seien ein Grund. «Der Mensch sieht sich im Laufe seiner Millionen-alten Geschichte plötzlich neuen Molekülen wie Pestiziden oder Weichmachern ausgesetzt. Das sind Hormon-aktive Stoffe, die der Mensch zuvor nicht kannte. Und diese Stoffe beeinflussen seine Reproduktionsfähigkeit.» Auch Schwermetalle gehören zu den Stoffen, die die Spermienqualität beeinflussen können.
Das konnte die Studie aufzeigen: Dass Pestizide oder Weichmacher einen Einfluss auf die Samenqualität haben können, ist seit mehreren Jahren bekannt. Neu an der Studie sei, dass eine Korrelation zwischen den Berufen der Mütter und der Spermienqualität der Teilnehmer festgestellt werden konnte, sagt Senn. «Die Spermienqualität war besonders dann schlechter, wenn die Mutter während der Schwangerschaft als Bäuerin oder Coiffeuse gearbeitet hat.» Allerdings betont der Genfer Forscher, dass man nicht von einer Kausalität sprechen könne. «Die Tätigkeit als Bäuerin oder Coiffeuse hat nicht in jedem Fall einen negativen Einfluss auf die Spermienqualität ihres Sohnes.»
So könnte die Spermienqualität wieder steigen: «Wir müssen alle Produkte, die einen negativen Einfluss auf die Spermienqualität haben, besser kontrollieren», fordert Alfred Senn. «Und wir müssen dafür sorgen, dass Frauen während der Schwangerschaft geschützt sind. Die Frau muss informiert sein, welche Produkte negative Folgen haben können.» Der behandelnde Arzt, die behandelnde Ärztin müsse die Frau darauf hinweisen, welche Produkte einen Einfluss auf die Entwicklung des Fötus haben könnten.
Die Frau muss informiert sein, welche Produkte negative Folgen haben können.
Wichtig seien auch weitere Forschungen, sagt Senn. An der Universität Genf laufen Folgestudien. «Um besser zu verstehen, was sich bei Bäuerinnen und Coiffeusen abspielt, müssen wir ein Inventar aller Produkte erstellen, denen die Mütter der Studienteilnehmer während ihrer Schwangerschaften in den 1990er-Jahren ausgesetzt waren.»