800 Bäume, 4500 Büsche und 15’000 kleinere Pflanzen: «Bosco verticale», der vertikale Wald. Es handelt sich dabei um zwei Hochhäuser, deren buschige, verwaldete Fassaden etwa drei Hektaren Wald entsprechen sollen. Sie stehen mitten in der Millionenstadt Mailand, deren Bewohnerinnen und Bewohner oft unter Smog, Feinstaub oder grosser Hitze leiden. Dieses viele Grün, das auf den hunderten von Balkonen spriesst, hat allerdings seinen Preis.
Teuer war schon der Bau der beiden Wohntürme. Um so viele Pflanzen samt der dafür notwendigen Erde sicher und stabil in luftiger Höhe zu halten, musste der Bauherr zusätzliche Millionen in die Statik des Gebäudes investieren. Aber auch die Bewässerung entlang der Fassade oder die Pflege der Bäume in bis zu 100 Metern Höhe sind teuer.
Denn es sind nicht Bewohner selber, die Bäume schneiden oder Büsche stutzen. Diese Arbeiten werden von schwindelfreien Gärtnern übernommen, die regelmässig alle Balkone pflegen. Das geht aber nur über Hebebühnen, die fest auf den beiden Dächern verankert sind.
Unter dem Strich bedeutet das tausende Euro zusätzliche Nebenkosten, die jedes Jahr für alle Bewohner anfallen. Kein Wunder können sich nur Grossverdiener eine Wohnung in einem der beiden grünen Türme leisten. Auch darum hat der vertikale Wald bisher in Mailand selber keine Nachahmer gefunden. International aber schon: In China zum Beispiel entstehen mehrere Hochhäuser, die sich am Mailänder Vorbild orientieren.
Die Mailänder Stadtregierung selber setzt auf ein anderes, weniger aufwändiges und teures Begrünungsmodell. Die Stadt fördert die Begrünung von Flachdächern mit einem Steuerrabatt. Auf Dächern Bäume, Büsche oder Gras zu pflanzen, ist deutlich einfacher und günstiger als an Fassaden. Die Stadt erhofft sich positive Effekte aufs Stadtklima und, erstaunlicherweise, auch auf die Kanalisation.
Mit dem Klimawandel registriert auch Mailand immer häufiger heftige, sintflutartige Regenfälle. Grüne Dächer sollen das viele Wasser aufnehmen und einen Teil davon zurückbehalten. Damit nicht, wo schon so oft geschehen, nach einem starken Regen ganze Strasse oder Plätze unter Wasser stehen.