Neue Posttarife
-
Der neue Maxi-Brief sorgt bei Postkundschaft für Maxi-Frust
«Moderate» Preisaufschläge kündigte die Post an. Doch für gewisse Auslandsendungen zahlt man nun fast doppelt.
Autor:
Charlotte Michel
25.01.2022, 19:52
«Für uns bedeutet das Umsatzverlust», sagt Bruno Geeler zu den angepassten Tarifen bei den Briefen International. In seinem Fall steigen die Versandspesen bis zu 42 Prozent. Bruno Geeler ist spezialisiert auf die Reparatur von exklusiven Feuerzeugen. Aus der ganzen Welt bekommt er Anfragen. Seine Frau, die im kleinen Betrieb mitarbeitet, gibt jeden Tag Post ins Ausland auf, doch von den angepassten Preisen haben Geelers erst am 3. Januar erfahren.
Bruno Geeler handelt auch mit Feuerzeugersatzteilen. Im Internet verkauft er beispielsweise ein Einfüllventil für 12.50 Franken. Die meisten Sendungen gehen ins Ausland und sind sehr leicht, sie wiegen unter 20 Gramm. Seit Anfang Januar muss Bruno Geeler diese Ersatzteile als sogenannten Maxibrief verschicken.
«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert
Box aufklappen
Box zuklappen
Maxibrief für Kleinwaren
Neu wird nach dem Inhalt unterschieden: zwischen Dokumenten und Kleinwaren. Der günstigste Maxibrief mit Kleinwaren (bis 100 Gramm) kostet innerhalb Europas nun 4 Franken. Das sind 2.50 Franken mehr als vorher. Bruno Geeler verschickt seine Post mit einer Nachverfolgung (Track &Trace) für 5 Franken. Die Kunden zahlen nun rund 40 Prozent mehr als vorher.
Dass die Sendungen von Bruno Geeler sehr leicht sind, wird nicht mehr berücksichtigt. Die höheren Versandspesen lassen den Internet-Verkauf von Ersatzteilen regelrecht einbrechen. Die Kunden weigern sich, die höheren Versandspesen zu bezahlen. Früher erhielt Bruno Geeler im Schnitt zehn Bestellungen pro Tag, letzte Woche war es gerade noch eine.
Die Post: Grundsätzliche Informationen zum Thema
Box aufklappen
Box zuklappen
Die Welt des internationalen Postwesens ist komplex. Per 1. Januar 2021 haben wir das Angebot und die Preise bei den internationalen Brief- und Kleinwarensendungen umfassend angepasst. Für die Anpassungen gibt es mehrere Gründe. Die alten und neuen Preise lassen sich deshalb nicht 1:1 vergleichen. Erlauben Sie uns deshalb einige grundsätzliche Ausführungen.
- Bei den Sendungsformaten und Versandgeschwindigkeiten orientieren wir uns neu an den Normen im internationalen Postverkehr. Bei den Brief- und Kleinwarensendungen unterscheiden wir nicht mehr nach Geschwindigkeit («Priority» oder «Economy»), sondern bieten ausschliesslich «Priority» (= schneller Versand) an. Dies ist in den allermeisten Ländern bereits seit einigen Jahren der Standard, die Schweiz war ein Sonderfall. Nun haben wir übernommen, was international üblich ist und die Prozesse per Anfang 2022 harmonisiert. Die Kundinnen und Kunden profitieren so in aller Regel von schnelleren Beförderungszeiten. Ein Vergleich der alten und neuen Preisstruktur ist deshalb nicht aussagekräftig. So sind einige Versände preislich unverändert geblieben oder heute sogar günstiger. So kostet etwa ein Grossbrief 250-500 Gramm immer noch gleich viel wie vorher, während ein Maxibrief (= Dokumentensendung bis 2kg) innerhalb Europas günstiger wurde und neu 24 Franken kostet. Das sind 6 Franken weniger als bis anhin.
- Unser Angebot und die Preisgestaltung sind auch von internationalen Vorgaben abhängig, etwa vonseiten des Weltpostvereins (UPU). Ein Beispiel sind die Endkostenvergütungen, die wir anderen Postgesellschaften für die Zustellung im Ausland bezahlen müssen. Hier sind die Kosten in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Zusätzliche Kosten, die wir nicht alleine tragen können und deshalb teilweise an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben müssen. Die Tarife bei den internationalen Brief- und Kleinwarensendungen wurden letztmals 2016 angepasst.
- Wie Sie richtig feststellen, wurden die Preis- und Sortimentsanpassungen allesamt mit dem Preisüberwacher vereinbart. Wir haben breit und sehr ausführlich kommuniziert. Rund 140 000 Unternehmen, die bei der Post als Geschäftskunden registriert sind, haben wir Ende August 2021 schriftlich über die Änderungen informiert – und unsere Grosskunden mündlich im persönlichen Gespräch.
- Punktuelle Anpassungen bei speziellen Dienstleistungen wurden keinesfalls klammheimlich gemacht. Sie finden die Infos hier und hier. Alle Neuerungen sind dokumentiert und für die Kundinnen und Kunden seit August 2021 einsehbar. Dass in der Medienmitteilung nur die relevantesten Änderungen (also jene Angebote, die am meisten genutzt werden) erwähnt wurden, erklärt sich von selbst. Die neuen Richtwerte für die Versandgeschwindigkeiten für internationale Dokumentensendungen finden Sie hier (unter «Wichtig zu wissen» und «Länderspezifische Informationen»), jene für Kleinwaren hier.
- Rund 93 Prozent des gesamten Briefvolumens und rund 94 Prozent der Pakete werden in der Schweiz von Unternehmen verschickt. Wir arbeiten sehr eng mit den Schweizer KMU zusammen. Für sie ist die Post ein wichtiges Bindeglied und ein verlässlicher Partner, quasi der Motor. Ihnen bieten wir Lösungen, damit sie tagtäglich Waren grenzüberschreitend einfach und zuverlässig versenden können. Zum Beispiel mit Angeboten, die die Verzollung oder den Umgang mit Retouren vereinfachen.
Auch Doris Büchi verschickt zahlreiche Päckli ins Ausland. Sie hat drei Enkelkinder in Thailand, ihre Tochter lebt seit zehn Jahren in Chiang Mai. Doris Büchi schickt Geschenke zu Weihnachten und an Geburtstagen. Sie hat die Geschenkpäckli schon bis anhin als sogenannten Maxibrief verschickt: Die Sendung darf maximal 2 Kilogramm schwer sein und gewisse Masse nicht überschreiten.
B-Post ins Ausland gestrichen
Doch die neuen Tarifanpassungen der Post betreffen auch diese Übersee-Sendungen. Die günstige B-Post wurde abgeschafft. Doris Büchi kritisiert, dass es keine Wahl mehr gebe, zwischen A- und B-Post: «Es gibt nur noch eine Möglichkeit, und das ist die teurere.»
Neu kostet ein Maxibrief von einem Kilogramm nach Thailand 27 Franken. Das sind 10 Franken mehr als vorher und entspricht einem Zuschlag von 59 Prozent. Für Doris Büchi ist das ein verdeckter Preisaufschlag: «Ich habe keine bessere Leistung für diesen Preis, denn das Päckli braucht nach wie vor sehr lange.»
Dass die günstige B-Post ins Ausland gestrichen wurde, macht auch Hartmut Abendschein zu schaffen. Anfang Januar fragte er sich kurz: «Muss ich jetzt den Laden dicht machen?» Der Bibliothekar hat vor 15 Jahren einen kleinen Verlag gegründet. Er gibt experimentelle Literatur heraus. Ein Nischenprodukt, deswegen ist der Verkauf von Büchern in den deutschsprachigen Raum wichtig.
Doch seit Beginn des Jahres sind die Verkäufe ins Ausland zum Erliegen gekommen. Denn Hartmut Abendschein muss seine Taschenbücher neu ebenfalls als Maxibrief ins Ausland verschicken. Ein Taschenbuch mit Verpackung wiegt in der Regel etwa 100 Gramm, das kostet nun 9 Franken – 4.10 Franken mehr als vorher. Ein Zuschlag von 84 Prozent oder beinahe eine Verdoppelung der Versandspesen.
Kassensturz, 25.01.2022, 21:05 Uhr