Während der Blockade des Suezkanals durch das Containerschiff «Ever Given» warteten unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen zehn und 20 Frachter mit lebenden Tieren an Bord im oder vor dem Kanal auf Weiterfahrt – sehr zur Sorge von Tierschutzorganisationen, die fürchteten, die Rinder und Schafe könnten verhungern, verdursten oder sich in den beengten Verhältnissen an Bord schwer verletzen.
Das lenkt den Blick auf ein Problem, das mit den Jahren immer grösser geworden ist: Millionen von Rindern, Schafen und Schweinen werden jedes Jahr auf Frachtern rund um den Globus verschifft – Tendenz steigend, wie Sabrina Gurtner vom Tierschutzbund Zürich bereits vor einigen Monaten in einem «10 vor 10»-Beitrag beklagte. Ein Grund sei der weltweit zunehmende Hunger auf Fleisch, vor allem auch in Ländern wie China.
In den vergangenen Monaten und Jahren kam es bei solchen Transporten immer wieder zu Tragödien auf hoher See.
Einen grossen Anteil am weltweiten Transport von lebenden Tieren hat die Europäische Union. Im Jahr 2019 wurden rund 1.8 Milliarden lebende Hühner, Schweine, Schafe, Ziegen und Rinder über Grenzen hinweg auf dem See- und Landweg transportiert. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO schätzt, dass die EU für über drei Viertel dieser Transporte verantwortlich war.
Aus der EU gelangen allein rund eine Million lebende Kälber im Jahr auf Schiffen vor allem nach Nordafrika, in den Nahen Osten und in die Türkei. Insgesamt exportierte die EU 2019 laut der Eurogroup for Animals mehr als 4.5 Millionen Schweine, Schafe und Rinder in Länder ausserhalb der EU.
Dies geschieht aus mehreren Gründen: Zum einen produziert Europa wegen seiner Milchwirtschaft viele überzählige männliche Kälber, die in den Export gehen. Zum zweiten benötigen die genannten Regionen die Tiere lebend, weil diese halal, also nach religiösen Vorschriften, geschlachtet werden müssen.
Und schliesslich ist der Transport lebender Tiere billiger als der von gekühltem Fleisch, und viele Länder könnten die Kühlketten auch gar nicht aufrechterhalten. Ein weiterer Hauptexporteur in den Nahen Osten: Australien. Rund vier Millionen Schafe werden jährlich von Down Under dorthin verschifft.
Zu heiss, zu eng, zu lange unterwegs
Für die Tiere sind die Transporte eine stressige Tortur. Es herrschen oft hohe Temperaturen unter Deck und es werden meist veraltete Schiffe wie umgebaute Autofähren genutzt. Laut dem «Guardian» wurden nur 20 Prozent der Schiffe, die derzeit weltweit Vieh transportieren, zu eben diesem Zweck gebaut, die meisten sind dafür nicht geeignet. Das sei auch ein Grund, warum solche Frachter häufiger sinken, so die Zeitung.
Zudem können sich leicht Krankheiten ausbreiten, die Verletzungsgefahr ist hoch und es sind keine Tierärzte an Bord. Zwar gelten die Tierschutzbestimmungen der EU eigentlich bis zum Zielort – doch das wird nicht kontrolliert.
Anders als beim Transport per LKW innerhalb der EU, der auch nicht eben tierfreundlich ist, fällt auf Schiffen zudem die Begrenzung der Transportzeit weg. An den Häfen gibt es selten Versorgungstellen und die Tiere können sich nicht ausruhen.
Mancherorts hat man inzwischen Konsequenzen gezogen: Die meisten deutschen Bundesländer haben den Transport von Nutztieren in Drittländer inzwischen ganz oder teilweise eingestellt.