Die Lokführer-Gewerkschaft (GDL) hat am Samstagmorgen einen zweitägigen Streik im Personenverkehr der Bahn begonnen. Kurz vor Beginn des geplanten Streiks schmetterte die Gewerkschaft ein neues Tarifangebot ab – Bahnreisende müssen sich auf ein chaotisches Wochenende gefasst machen.
«Betroffen ist der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr», sagte eine Bahn-Sprecherin in Berlin. Der 50-stündige Ausstand trifft nicht nur Wochenendpendler, sondern auch viele Urlaubsreisende, weil in neun deutschen Bundesländern Schulferien beginnen oder enden.
Stimmen aus Politik und Wirtschaft forderten die zerstrittenen Tarifpartner auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die GDL will mit dem Ausstand den Bahnverkehr in ganz Deutschland lahmlegen.
Bis Montagmorgen 04.00 Uhr
Der Güterverkehr wird bereits seit Freitagnachmittag bestreikt. Kurz zuvor hatte die Bahn ein neues Tarifangebot vorgelegt – ohne Erfolg. Der gesamte Streik sollte am Montagmorgen um 04.00 Uhr enden, hiess es von der GDL. Die Bahn bat ihre Fahrgäste, sich auf ihrer Internetseite über die Ersatzfahrpläne zu informieren.
Die GDL will mit dem Arbeitskampf im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn den Druck auf die Unternehmensleitung erhöhen. Sie fordert fünf Prozent mehr Lohn und eine kürzere Arbeitszeit. Ausserdem strebt sie die Federführung bei Tarifverhandlungen auch für Zugbegleiter und andere Bahnmitarbeiter an, die bislang von der grösseren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten werden.
«An der Grenze zur Irrationalität»
Bahn-Vorstand Ulrich Weber kritisierte den Streikaufruf der Lokführergewerkschaft GDL scharf. «So kurzfristig und in dieser Dimension sind die Streiks völlig verantwortungslos und an der Grenze zur Irrationalität», sagte der Manager. Weber bemängelte, dass sich die Gewerkschaft trotz des jüngsten Tarifangebots «keinen Millimeter» bewege.
Der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, kritisiert die GDL ebenfalls hart. Er sagte: «Das ist eine riesengrosse Verantwortungslosigkeit der GDL. Wenn die Kunden weg bleiben und die Ware nicht ankommt, weil die Bahn nicht fährt, ist das eine absolute Katastrophe für unsere Unternehmen und Beschäftigten.» Sanktjohanser warnte, es könne zu erheblichen Lieferverzögerungen kommen.
Keine Züge nach Deutschland
Der Massenstreik hat auch Auswirkungen auf den Schweizer Schienenverkehr. «Die Züge von Zürich nach Stuttgart respektive München werden nur bis nach Schaffhausen beziehungsweise Bregenz geführt. Die Nachtzüge ab Basel verkehren dagegen normal», erklärte der SBB-Mediensprecher.
Verbindungen ab Basel nach Duisburg sowie von und nach Kopenhagen fallen aus. Keine Einigung Auf ihrer Internetseite rät die SBB derzeit von einer Reise nach Deutschland ab.
Die Deutsche Bahn setzt derweil Ersatzfahrpläne für die beiden Streiktage am Samstag und Sonntag ein, wie ein Sprecher sagte. Wenige Stunden nach dem Start des bundesweiten Streiks der Lokführer fuhren nur etwa 30 Prozent der Fernzüge der Deutschen Bahn. Auch im Regional- und S-Bahn-Verkehr rollten die Züge nach einem Notfahrplan.