Die Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann wegen dessen «Schmähgedichts» über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind eingestellt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Mainz mitteilte, seien «strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen». TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte sein Gedicht «Schmähkritik» Ende März in seiner Sendung «Neo Magazin Royale» vorgetragen.
Fraglich, ob es eine Beleidigung war
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ermittelt. Parallel dazu kommt eine Privatklage Erdogans gegen Böhmermann am 2. November in Hamburg vor Gericht (siehe Textbox).
Insbesondere ist sich die Staatsanwaltschaft nicht sicher, ob Böhmermann Erdogan vorsätzlich beleidigt hat. Auch sei fraglich, ob es überhaupt eine Beleidigung war – dazu sei «die Äusserung eines herabwürdigenden persönlichen Werturteils über einen Dritten» nötig. Dagegen könnte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sprechen, dass der Beitrag als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen sollte.
Merkel in der Kritik
Nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen Jan Böhmermann hat der Anwalt des TV-Satirikers Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. Rechtsanwalt Christian Schertz kündigte eine «persönliche Stellungnahme» Böhmermanns an diesem Mittwoch um 16.30 Uhr in Köln an.
«Die Staatsanwaltschaft hat unserer von Anfang an geäusserten Einschätzung der Rechtslage entsprochen», teilte Schertz mit. Anders als etwa die Bundeskanzlerin habe die Staatsanwaltschaft erkannt, dass man das Gedicht nicht solitär betrachten könne – während die Bundeskanzlerin offenbar in Unkenntnis des genauen Sachverhalts ihren Regierungssprecher die satirische Nummer von Herrn Böhmermann sogleich pauschal als ‹bewusst verletzend› bewerten liess, noch dazu gegenüber einer ausländischen Regierung.
Die öffentliche juristische Bewertung der künstlerischen Arbeit von Jan Böhmermann durch die Bundeskanzlerin sei vor dem Hintergrund der Einstellung der Ermittlungen einer öffentlichen Vorverurteilung gleichgekommen. Die türkische Regierung hätte diese als Ermutigung auffassen können, straf- und zivilrechtlich gegen Böhmermann vorzugehen.
Mit seinem Gedicht über Erdogan wollte Böhmermann nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen.