Novak Djokovic kann aller Voraussicht nach nicht an den Australian Open teilnehmen. Einwanderungsminister Alex Hawke machte von seinem Recht Gebrauch und annullierte das Visum des Tennisstars erneut. Endgültig entscheiden wird wohl am Sonntag das Bundesgericht. Was bedeutet das Ganze in Bezug auf die Sponsoren des Weltranglistenersten? Sportökonom Christian Lang ordnet ein.
SRF News: Was bedeuten die Schlagzeilen der letzten Tage für die Marke Djokovic?
Christian Lang: Man hört häufig «schlechte Presse ist gute Presse», Hauptsache man ist in den Schlagzeilen. Im Fall Djokovic sehe ich das etwas anders: Die aktuellen Schlagzeilen werden seinem Ansehen schaden und dementsprechend kann es auch sein, dass sich einzelne Sponsoren zurückziehen. Sportliche Leistungen alleine reichen heutzutage nicht mehr. Sportler haben auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Dieser Verantwortung wurde Djokovic im jüngsten Fall nicht gerecht.
Wenn er sich aus dieser Situation retten und menschliche Grösse beweisen will, müsste er auf die Teilnahme am Australian Open verzichten.
Was hätte er besser machen können?
Der grösste Fehler ist nicht sein Impfstatus. Dies ist seine freie Entscheidung. Wenn man sich aber für diesen Weg entscheidet, dann muss man sich bewusst sein, dass man die an einem Ort vorherrschenden Regeln beachten muss und an gewissen Turnieren nicht teilnehmen kann. Aus meiner Sicht hätte er auf die Australian Open verzichten müssen. Auch die Kommunikation von ihm und besonders von seiner Familie könnte besser sein. Die Medienkonferenz seiner Familie hat sicherlich zu der Polarisierung und den Schlagzeilen beigetragen.
Inwiefern sehen Sie die Sponsoren des Serben unter Druck?
Wenn man Novak Djokovic als Werbeträger engagiert, dann gehen die Unternehmen ein gewisses Risiko ein. So hat er beispielsweise mehr Ecken und Kanten als ein Roger Federer. Dies kann für Firmen aber durchaus interessant sein, wenn man jemanden sponsert, der eine klare Meinung hat und eine eindeutige Position einnimmt – also nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes geht. Andererseits sind derartige Schlagzeilen – in einer Zeit, in der Unternehmenswerte wie Ehrlichkeit, Integrität und Verlässlichkeit grossgeschrieben werden – gefährlich. Deswegen muss man sich als Unternehmen gut überlegen, ob man in eine Assoziation mit Djokovic investieren möchte.
Es kann sein, dass er nach seiner sportlichen Karriere dadurch eine erhebliche wirtschaftliche Einbusse hat.
Lässt sich der Reputationsschaden beziffern?
Man muss sich bewusst sein, dass Djokovic einen Grossteil seines Vermögens mit Sponsoring-Einnahmen generiert hat. Weil er für viele Unternehmen als Werbeträger auftritt, ist die Affäre für ihn nicht ohne Risiko. Es kann sein, dass er nach seiner sportlichen Karriere dadurch erhebliche wirtschaftliche Einbussen hat.
Was würden Sie ihm raten?
Wenn er sich aus dieser Situation retten und menschliche Grösse beweisen will, müsste er auf die Teilnahme am Australian Open verzichten. Auch wenn er das Turnier gewinnen würde, liesse das einen dunklen Fleck zurück auf seiner herausragenden Karriere. Pressekonferenzen, wie sie die Familie veranstaltet hat, helfen in solchen Fällen nicht und sorgen nur noch für mehr Schlagzeilen.
Was empfehlen Sie den Sponsoren?
Sicher den Fall nicht weiter hochkochen lassen. Und zu einem späteren Zeitpunkt sich überlegen, ob man in die Zusammenarbeit mit ihm weiter investieren will. Eine Argumentationslinie, um an Djokovic festzuhalten wäre, dass es wichtig sei, Sportler eigene Standpunkte vertreten zu lassen. Gleichwohl ist eine solche Argumentation natürlich schwierig im Fall eines Gesetzesverstosses oder bei Aussagen, die nicht mit den Werten der Sponsoren im Einklang sind.
Das Gespräch führte Marc Bodenmann.