Die Entscheidung der australischen Regierung, letzte Woche das Einreisevisum Novak Djokovics zu widerrufen, sei unangemessen, meinte der australische Richter am Montag, als er Novak Djokovic in die Freiheit entliess. Ungewöhnlich für einen Richter hatte er sich schon während der Verhandlung zugunsten des Tennisspielers geäussert. So stellte er die rhetorische Frage, was der Serbe «denn noch mehr hätte tun können», um die behördlichen Anforderungen zu erfüllen.
Djokovic war letzte Woche die Einreise verweigert worden, weil er aus Sicht der Behörden nicht die nötigen Dokumente für eine medizinische Ausnahmegenehmigung habe, um auch ohne Corona-Impfung einreisen zu dürfen. Offenbar hatte er aber dieses Papier – wie vorgeschrieben – ins Online-Portal der Immigrationsbehörde hochgeladen, nur um danach vom Innenministerium grünes Licht zur Einreise zu erhalten.
Nach 14 Stunden Flug mitten in der Nacht am Immigrationsschalter sah es dann plötzlich anders aus. Der Beamte wollte offenbar von alldem nichts wissen. Er wies die Dokumente zurück.
Bürokratisches Birchermüesli
Böser Wille? Politische Einflussnahme? Wahrscheinlich nicht. Die Ursache für das Chaos ist wohl um einiges banaler: das bürokratische Birchermüesli der australischen Behörden. Beamte der Bundesländer sprechen nicht mit jenen der Bundesregierung – eine Hand weiss nicht, was die andere tut.
Für einmal hatte ein Problem, mit dem australische Staatsbürgerinnen und -bürger täglich konfrontiert sind, eine positive Seite. Flüchtlingsorganisationen hätten sich keinen besseren Skandal wünschen können, um auf einen mehrfach grösseren hinzuweisen.
Im selben Hotel, in dem Djokovic mehrere Nächte hausen musste, leben dutzende von abgewiesenen Asylsuchenden – einige seit neun Jahren. Die Bedingungen sind horrend: miserables Essen, gelegentlich durchsetzt von Maden, keine frische Luft, soziale Isolation, Suizidgefahr. Gefängnis eben. Für Menschen, die nichts anderes gesucht hatten als ein Leben in Sicherheit.
Was macht Einwanderungsminister Hawke?
Dass Djokovic das Licht der Weltöffentlichkeit auf diese grausame Praxis geworfen hat, dafür werden humanitäre Organisationen dem Serben wohl noch lange danken. Nicht aber für seine Arroganz, als Ungeimpfter willentlich und wissentlich die Gesundheit der australischen Bevölkerung zu gefährden zu einer Zeit, in der sich Covid-19 durch das Land frisst wie nie zuvor in den letzten zwei Jahren.
Auf diesen Punkt dürfte sich Canberra nach dieser monumentalen richterlichen Ohrfeige jetzt konzentrieren. Der australische Einwanderungsminister Alex Hawke hat die Macht, den Serben vor die Türe zu stellen, so wie er die Macht hätte, die bedauernswerten Geflüchteten im Hotel in die Freiheit zu entlassen. Dieses Match hat Djokovic noch nicht gewonnen.