In Rom treffen sich heute die Kulturministerinnen und -Minister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Sie sprechen über den Einfluss des Klimawandels auf den Kulturbereich. Ziel ist es, die Bedeutung der Kulturerbestätten ebenso wie ihre Gefährdung zu verdeutlichen. Mechtild Rössler vom Welterbezentrum in Paris plädiert für mehr Brandschutz und Flutpläne.
SRF News: Worin sehen Sie die grösste Gefahr für die Kulturgüter?
Mechtild Rössler: Im Moment ist die grösste Gefahr für beide – die Kultur- und Naturgüter, die wir bei der Unesco im Rahmen der Welterbe-Konvention schützen – der Klimawandel. Das zeigen die Flutkatastrophen, wie sie gerade in Deutschland und Belgien, als auch in China stattfanden. Wir sehen immer mehr solche Situationen. Es gibt immer mehr Brände, Dürreperioden und Stürme.
Wir werden Veränderungen im Weinbau erleben und in den Traditionen, die seit Jahrhunderten existieren.
Und das hat Auswirkungen auf das Kultur- und Naturerbe, aber auch auf die Menschen, die dem Klimawandel ausgesetzt sind. Das heisst, es wirkt sich auf unsere Traditionen, das lebendige Erbe und die sozialen Praktiken aus. Darauf sollten wir beim Kulturmanagement mehr achten.
Wie führt der Klimawandel zu Problemen für das Weltkulturerbe?
Extreme Wetterbedingungen beeinflussen die Bauten. Man denke an Venedig. Die Lagunenstadt meldet im Vergleich zu früheren Jahren immer mehr Hochwasser. Das heisst, man muss grosse Restaurierungsarbeiten unternehmen. Ich denke, dass wir den Klimawandel weltweit in die einzelnen Managementpläne der Kultur- und Naturerbestätten mit aufnehmen sollten.
Die Situationen mit den Überflutungen haben klargemacht: So kann es nicht weitergehen.
Den Klimawandel in die Managementpläne einbeziehen – was meinen Sie damit?
Viele Managementpläne sind traditionelle Pläne, bei denen man nicht viele Risiken mit einbezogen hat. Aber die Situationen mit den Überflutungen haben klargemacht: So kann es nicht weitergehen. Wir müssen uns auf extreme Wetterbedingungen einstellen, die das Welterbe und das historische Erbe insgesamt gefährden. Das heisst, wir müssen beim Schutz von Bauten auch vermehrt auf die Bauweisen achten, zum Beispiel mit einem verstärkten Brandschutz.
Wie kann man Kulturerbe in gefährdeten Gebieten besser schützen oder retten?
Es muss Flutpläne geben, die auf verschiedene Stufen ausgerichtet sind. Aber selbst die besten Flutpläne helfen nicht, wenn die Bevölkerung nicht gewarnt ist. Sie muss einbezogen werden in die Diskussion: Was kann passieren, was kann man retten? Es gibt Studien über Museen weltweit, wie einzelne Objekte gerettet werden können. Der Louvre, das Museum, das direkt an der Seine in Paris liegt und Teil des Weltkulturerbes ist, hat zum Beispiel genaue Pläne, was zu tun ist, wenn das nächste grosse Hochwasser kommt, und zwar ganz kurzfristig.
Beim Treffen in Rom soll es nach Angaben des italienischen Kulturministers eine gemeinsame Erklärung geben. Was strebt man da genau an?
Festzuhalten, dass das Kultur- und Naturerbe bedroht ist vom Klimawandel und dass eine gemeinsame Aktion nötig ist. Auch beim Welterbekomitee haben wir eine neue Politik speziell zum Klimawandel verabschiedet. Sie betrifft die 194 Staaten, die die Welterbe-Konvention unterzeichnet haben. Da sprechen wir sowohl die Politik an, als auch die Direktorinnen und Direktoren der einzelnen Stätten und der Gemeinden vor Ort, damit sie sich auf den Klimawandel vorbereiten können.
Das Gespräch führte Raphael Günther.